Außenminister Maas auf Reisen: Vier Stunden Wellness für Heiko
Gerade ist es für Maas eher ungemütlich: Stress mit den USA, die eigene Partei will mit ihm reden. Da war der Trip nach Finnland pure Entspannung.
Für vier Stunden ist der Außenminister am Freitag nach Helsinki geflogen. Das finnische Außenministerium feiert seinen 100. Geburtstag und hat den Mann aus dem Saarland als Stargast zum Festakt eingeladen. Für Maas ist das zum Wochenausklang ein ungewöhnlich entspannter Kurztrip: Fragt man seine Fachleute aus dem Auswärtigen Amt nach Problemen in den deutsch-finnischen Beziehungen, zucken die nur mit den Schultern. Keine einzige Meinungsverschiedenheit fällt ihnen ein.
Und so ist der Vormittag in Finnland das Kontrastprogramm zu dem, was Heiko Maas bisher als Außenminister erlebt hat. Erst neun Wochen ist er im Amt, aber die hatten es in sich. Zeit zur Eingewöhnung? Keine. Fast jeder Antrittsbesuche ein Krisentreffen.
Diese Woche war es besonders schlimm. Erst am Mittwoch war Maas in Washington, D. C. und traf unter anderem den neuen US-Außenminister Mike Pompeo. Höflich war der offenbar auch, gebracht hat die Amerikareise dennoch nichts. Ob es um Zölle auf europäische Waren oder um das Atomabkommen mit dem Iran geht: Kompromisse sind nicht in Sicht. „Es waren freundliche Gespräche – unabhängig von der Tatsache, dass wir uns nicht nähergekommen sind“, berichtet Maas zwei Tage später in Helsinki.
Nicht besser wurde es nach Maas’ Rückflug aus den USA. Am Donnerstag schaute allerdings zunächst der neue US-Botschafter Richard Grenell zum ersten Mal im Auswärtigen Amt vorbei; auch er ist sehr freundlich und twitterte, er sei „schon jetzt ein großer Fan“ des deutschen Ministers. Kaum war der twitternde Grenell aber weg, kam auch schon der nächste Tweet – diesmal aus dem Weißen Haus. Das verbreitete den offenen Brief Donald Trumps an den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un. Der US-Präsident hat das Spitzentreffen mit dem Nordkoreaner abgesagt. Maas bleibt wie den meisten seiner europäischen Kollegen nichts anderes übrig, als die Entwicklung zu bedauern.
Keine angenehme Woche also für den deutschen Außenminister, und die nächste beginnt kaum besser. Ausnahmsweise liegt das nicht an den USA, sondern an den eigenen Genossen. Am Montag tagt der SPD-Vorstand, und eine Gruppe um SPD-Vize Manuela Schwesig will mit Heiko Maas dessen Russlandpolitik diskutieren.
Als Chefdiplomat kritisiert Maas die Regierung in Moskau offener als seine Vorgänger. Schwesig und andere prominente Sozialdemokraten beschwerten sich öffentlich darüber und forderten eine Aussprache. Auf der Sitzung am Montag dürfte Maas seine Meinung kaum revidieren. So herzlich wie in Helsinki wird es selbst im Willy-Brandt-Haus nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“