piwik no script img

Ausschreitungen in der UkraineWieder Tote auf dem Maidan

Im Zentrum Kiews sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. Opposition und Regierung machen sich gegenseitig für die Schüsse verantwortlich.

Oppositionelle tragen auf dem Maidan-Platz einen Verletzten. Bild: reuters

KIEW dpa/rtr/afp | Bei Straßenschlachten sind in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Oppositionsangaben wieder Menschen ums Leben gekommen. Der regierungskritische Internetsender Hromadske.tv berichtete am Donnerstag von sieben getöteten Demonstranten, Behörden von einem toten Polizisten. Ein Reuters-Augenzeuge zählte auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew 15 Tote aus. Die Leichen seien an drei Stellen des Maidan verteilt. Alle seien Zivilisten, sagte Reuters-Fotograf Vasily Fedosenko.

Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, lagen vor einem Hotel am Rand des Maidan zehn Leichen mit Schussverletzungen auf dem Boden, insgesamt seien mindestens 25 Menschen getötet worden. Das Gesundheitsministerium sprach zunächst von sieben Toten, darunter auch zwei Polizisten. An mehreren Orten im Zentrum Kiews seien Schüsse zu hören. Regierungsgegner und Behörden warfen sich gegenseitig vor, gezielt aufeinander zu schießen.

Die Konfliktparteien hatten erst am Mittwochabend einen Gewaltverzicht vereinbart. Radikale Demonstranten drangen am Donnerstag ins Regierungsviertel vor und vertrieben die Sicherheitskräfte, wie örtliche Medien berichteten. Das Kabinettsgebäude sowie das Parlament seien von den Sicherheitskräften überstürzt geräumt worden.

Die für Donnerstag und Freitag geplanten Parlamentssitzungen wurden abgesagt. In Kiew trafen sich zeitgleich die Außenminister von Deutschland, Polen und Frankreich mit Oppositionsführern. Über dem von der Oppositions besetzten Maidan-Platz standen wieder schwarze Rauchsäulen von brennenden Reifenbergen. Sirenen von Dutzenden Krankenwagen heulten. Unbestätigten Berichten zufolge liefen Dutzende Mitglieder der Einheiten des Innenministeriums zu den Regierungsgegnern über.

Der Chef der Kiewer Stadtverwaltung, Wladimir Makejenko, legte am Donnerstag als Reaktion auf die jüngste Gewalt seine Mitgliedschaft in Janukowitschs Partei der Regionen zurück. Er wolle aber seine Pflichten weitererfüllen, solange er das Vertrauen der Bürger genieße. Mehrere ukrainische Olympiateilnehmer haben sich laut Internationalem Olympischen Komitee (IOC) entschlossen, die Spiele in Sotschi zu verlassen. Wie viele Athleten abreisen wollten, teilte das IOC zunächst nicht mit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • D
    Deutsch-Pole

    Jetzt ist des den imperialistischen Diktaturen in Washington und Moskau also endlich gelungen, die Ukraine in den Bürgerkrieg zu stürzten und Europa an den Rand eines neuen Krieges zu drängen!

  • Es gibt einen größeren Faktor von Faschisten unter den Oppositionellen, und unter den Frontkämpfern besonders.

    Hintergrund ist die nationalkonservative Tradition in Ukraines Vaterlandspartei sowie Putins FSB-Regime.

    Bitte diesen Text lesen:

     

    "Ukraine: the protest movement and the fascists"

    https://linksunten.indymedia.org/en/node/106593

     

    Die soziale Opposition muss sich andere Wege suchen und hat Grund zum Protest.

  • Sarkofragen

    Was ist eigentlich an der Ukraine so interessant, das der Westen so auf die Tube drückt und Europa Sanktionen verhängen will . Außer ein Einreiseverbot für Janokowitsch bin ich dagegen, weil es nur dazu führt, das die Bevölkerung darunter leidet bishin zum Aushungern, wie im Irak oder aktuell die UNO dieses „Kriegsverbrechen“ an Nordkorea verübt. Soweit ich weiss hat die Ukraine keine Nennenswerten Rohstoffe, außer Boxweltmeister und ist für Russland von strategischer Bedeutung. Warum wird dann so heftig um einen Machtwechsel gerungen. Man könnte ja wie bei Ruanda, oder Sudan sagen, interessiert uns nicht, sollen die sich doch gegenseitig umbringen, angesichts der weltbevölkerung… . Wenn es soviel Druck, auch im Inneren gibt, geht es meist um ökonomische Interessen. Was könnte das sein. Hat die Ukraine doch heimlich Rohstoffe, um die es sich lohnt zu kämpfen, nötigenfalls einen Bürgerkrieg anzuzetteln? Mir fällt da nur eins ein. Ich entschuldige mich schonmal im Vorraus, aber das ist nicht meine Sichtweise., Die Ukraine besitzt tatsächlich einen "“Rohstoff", wo sich viele privaten Unternehmer nach die Finger lecken: Tschernobyl. Schon lang nichts mehr von gehört. Ist der Sarkopharg schon fertig? Der soll ja 2 stellige Milliadenbeträge Kosten und muss ständig gewartet und auf die Dichte überprüft werden. Die Finanzierung war zuletzt für einige Jahre gesichert von Russland, Ukraine und EU. Eine langfristige Finanzierung gibt es nicht, aber jeder weiss, das es die geben wird, weil geben muss. Es ist also für private Unternehmer eine bessere Investition, als jede Börsennotierung. Sichere Finanzierung und sichere Arbeitsplätze und Korruption für, nein nicht 10 Jahre, sondern die nächsten 50000 Jahre. Wer kann da mithalten. Den privaten Unternehmer ist das egal wo das Geld herkommt.

    • T
      ttt
      @Hady Khalil:

      nur mal ein kleiner,von vielen vermutungen: schau dir die weltkarte etwas genauer aun ;)

  • IW
    Ich will Objekitvität

    Wie immer sind ALLE Zivilisten.

    Logisch, eine "Ich bin ein friedlicher Demonstrant"- Uniform gibt es ja nicht.

    Die zahlreichen toten Polizisten haben sich selbst schwer verbrannt, die erschossenen Polizisten gibt es nicht.

    Die friedliche Abfüllung von Moltows und die friedliche Entpflasterung von ganzen Platzteilen , zu sehen, im deutschen Bezahlfernsehen ist gelogen.

    Auf bestimmten Internetportalen sieht man sogar noch Polizisten "friedliche Demonstranten" retten, die an ihren eigenen angezündeten Barrikaden fast selbst ersticken.

  • A
    Ana

    Die Berichterstattung wird wieder besser in der TAZ. Ich weiß nicht, was die Machtmenschen dieser Welt mit uns im Großen und Ganzen anstellen wollen, aber ich hoffe, dass die TAZ aufhört, sich der massenhaften Manipulation der Bevölkerung mit-schuldig zu machen. Und dann - zahl ich auch wieder für die TAZ ;)

    • T
      ttt
      @Ana:

      schau ma von wem die berichte sind...dpa&co ...will aber nix böses unterstellen ;)

  • E
    Erschreckend

    Von den 15 heute getöteten "Demonstranten" gehören 11 der Gruppe "Rechter Sektor" (Zusammenschluss von rechten Hooligans und Neo-Nationalsozialisten!) an.

    Wenn man sich direkt in der Ukraine Infos von den Leuten holt die auch deutsch sprechen (spreche selbst kein ukrainisch) erfährt man, dass mittlerweile nahezu alle Protestierenden sich für eine (gewaltsame) nationale Revolution aussprechen.

    Der Rechte Sektor hat unerhörten Zulauf aus der gesamten Ukraine; mittlerweile unterstützen in den sozialen Netzwerken mehrere Hunderttausende diese NS-Gruppierung.

    Es gibt massiv viele Videos die das beweisen; ich will die hier aber nicht verlinken um nicht noch Werbung zu machen. Wer will kann ja mal auf youtube nach "Soldiarität mit dem ukrainsichen Widerstand" schauen.

    Da sieht man sehr die enge Verbindung zwischen Nazis und friedlichen Protestlern.

    Nach dieser Gewaltorgie mit mittlerweile 45 Todesopfern wird an einem Bürgerkrieg bzw. der Nationalen Revolution wohl kein Weg mehr vorbei führen.

    Was für ein Wahnsinn!

  • P
    Pantaleon

    Die Sicht des Institute of Political Economy (Paul Craig Roberts) auf den Machtkampf in der Ukraine: http://www.paulcraigroberts.org/2014/02/12/washington-orchestrated-protests-destabilizing-ukraine/

    • @Pantaleon:

      @Vergessene Liebe & Andere:

       

      Die Proteste werden von westlichen Organisationen unterstützt, das stimmt. Aber machen Sie es sich mal nicht zu einfach!

       

      Wenn SIE hier in Deutschland auf eine Demo gehen, dann wird diese Demo doch meistens auch von vielen unterschiedlichen Organisationen (z.B. Parteien) unterstützt. Bedeutet das, dass SIE irgendwie für diese Organisationen stehen, oder von diesen manipuliert wurden? Natürlich nicht.

       

      Die Unterstützung durch NGOs und westliche Regierungen macht die 'Revolution' in der Ukraine nicht zu einem künstlichen Konstrukt; letztlich entscheiden nämlich immer die Menschen selbst, ob sie hingehen, oder nicht.

      • @Megestos:

        Danke für deine Bemerkung!

        Es ist wohl offensichtlich so, dass die gewaltlos begonnenen, friedlichen Demonstrationen auf dem MAIDAN -für mehr Demokratie- `künstlich´ eskaliert wurden zu reiner Gewalt?

        Dein Kommentar erinnert an:

        "Es ist Krieg, aber keiner geht hin"...

        • @vergessene Liebe:

          @Vergessene Liebe Danke für die Antwort.

           

          Mein vorheriger Kommentar (20.02.,13:18) gilt auch für Ihre Antwort: nur weil NGOs und westliche Regierungen die Opposition(en) unterstützen, heißt das nicht, dass die Eskalation der Situation auf deren Kappe geht. Niemand wird dazu gezwungen, zu Demonstrieren oder gar sich an Straßenschlachten zu beteiligen - die Leute machen das, weil sie hoffen, damit ihre Interessen durchzusetzen.

           

          Also bitte erklären Sie mir - wie kann ich mir so eine künstliche Eskalation vorstellen? Wenn ich mir erlauben darf, etwas zu überspitzen: Gingen US-Agenten zu friedlichen ukrainischen Demonstranten, drückten denen Molotowcocktails in die Hand und sagten "los geht's", woraufhin die friedlichen ukrainischen Demonstranten ohne weiter nachzudenken loslegen? Sind Sie so einfach zu beeinflussen, Vergessene Liebe? Nein? Warum denken Sie dann, dass die Demonstranten/Oppositionellen so einfach zu beeinflussen sind?

           

          Wenn Krieg ist, und niemand hingeht, dann gibt es keinen Krieg. Daran ist doch nichts falsches. Kriege sind oft genug geendet, weil die Bevölkerung auf einer Seite in großer Zahl Kriegsmüde war. Daran ist doch nichts falsch. Wenn Menschen nicht kämpfen wollen, dann finden sie Wege, nicht zu kämpfen. Selbstverständlich sind die Oppositionellen in der Ukraine dort, weil es ihre Entscheidung ist (bzw. weil sie sich durch die Umstände dazu gezwungen fühlen) - was denn sonst?

    • @Pantaleon:

      puha..! Mal angenommen die Analyse in @PANTALEON´s link ist exakt...

      Dann ist diese `Revolution´ in Ukraine nur ein künstliches Konstrukt- betrieben im Machtinteresse der USA/NATO... Um die Ukraine zu destabilisieren...

      (so wie Syrien destabilisiert wurde/wird).

      Und die EU will das nicht. Die EU will gerne das die Ukraine als `selbständiges Land´ erhalten bleibt, als Art friedlicher Faktor zwischen Russland und der EU...

      --------

      Kein Wunder so dass Frau Nuland "fuck the EU" gesagt hat!

      --------

      Für wen sind so alle die bisher getöteten und Verletzten auf dem MAIDAN geopfert worden?

      Zum Kotzen das alles !!!

    • PH
      Peter Haller
      @Pantaleon:

      Schätze mal, dass das bei der taz noch nicht so wahrgenommen wurde. Deren Berichterstattung bzw. "Meinungsbildung" in Sachen Ukraine finde ich erschreckend und enttäuschend !