Auslandsreportagen im Netz: Mal wieder wird die Crowd gebraucht
Das digitale Magazin „Sieh die Welt“ will multimedial erzählen. Der Anspruch großer, poetischer Stücke wird jedoch kaum erfüllt.
Schon immer wollten Journalisten ihren Lesern die Welt zeigen, sie an Orte führen, an die sie sonst niemals kämen. Doch oft stoßen sie auf Widerstände: Kein Geld, kein Platz, keine Geduld für lange Recherchen. Die Journalisten Oliver Alegiani und Markus Huth wollten sich von diesen Zwängen befreien und gründeten „Sieh die Welt“, ein Online-Magazin für Reportagen aus dem Ausland. In Wort, Bild und Ton. Am Montag ging die Plattform online.
Jeden Montag um 13 Uhr erwartet die Leser eine neue Reportage. Am Seitenrand zeigt eine Karte, wo auf der Welt man sich gerade befindet: In einem indischen Slum, einem Refugium für gequälte Arbeitselefanten in Thailand oder dem kleinen Häuschen mit Zinndach in Kolumbien. Sechs Geschichten sind bereits online.
In Zukunft sollen Spenden das bezahlen, was der Onlinejournalismus laut den Gründern der Plattform braucht: Schutz vor der Getriebenheit des Alltagsgeschäfts und Freiraum für lange, poetische Geschichten abseits der Klischees und konstruierten Deutschlandbezüge. „Reportagen erlauben dem Autor ins Literarische abzuschweifen, subjektiver zu sein“, sagt Alegiani. „Wir wollen keinen nachrichtlichen Gesamtkontext darstellen.“ Deshalb werden die meisten Geschichten aus Ich-Perspektive erzählt.
Die Autoren arbeiten bisher für „Ruhm und Ehre“, wie Oliver Alegiani meint. Vielleicht ein Grund dafür, dass der Anspruch der großen, poetischen Reportagen kaum erfüllt wird. Die Plattform sieht toll aus, die Fotos sind beeindruckend, die Texte aber überraschend kurz. Funktionieren online doch nur Bilder und kurze Texte? Alegiani glaubt das nicht.
Längere Texte könnte es bei „Sieh die Welt“ dann zu lesen geben, wenn sich das Spendenkonto füllt. Denn dass Leser für gute Artikel auch online bezahlen, davon ist Alegiani überzeugt.
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