Ausländerfeindlichkeit in Südafrika: Gewalt dehnt sich aus
Die Angriffe auf Ausländer in Südafrika haben sich inzwischen über Johannesburg hinaus ausgedehnt. Dort wurden indes das Polizeiaufgebot verschärft - und die Regierung kritisiert.
JOHANNESBURG taz Die Angriffe auf Ausländer in Südafrika haben sich in der Nacht auf Mittwoch erstmals über Johannesburg ausgedehnt. In der Hafenstadt Durban, Hauptstadt der Provinz KwaZulu-Natal am Indischen Ozean, bedrohte eine wütende Gruppe von 150 Menschen, mit Steinen und Flaschen bewaffnet, nigerianische Bewohner des Viertels Umbilo und demolierte angeblich das Lokal eines Nigerianers. Die Angreifer riefen "Ausländer raus aus KwaZulu-Natal". Etwa 700 afrikanische Migranten flüchteten in eine Kirche. Laut Polizei waren die Angreifer Männer aus einem Wohnheim. Die Polizei behauptet, dass es sich eher um einen kriminellen Überfall handelt als um ausländerfeindliche Attacken.
Südafrikas regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC) hatte sich zuvor besorgt geäußert, dass die gewaltsamen Übergriffe auf Ausländer der letzten Tage in Arbeiterwohnheimen angezettelt worden sein könnten. Essop Pahad, Minister im Präsidentenbüro, deutete am Mittwoch auch auf mögliche Verwicklungen von rechtsradikalen Kräften in die Überfälle hin, die Arme aufstacheln sollten, um Südafrikas Demokratie zu schaden. Allerdings dauerten Untersuchungen noch an.
In Johannesburgs Townships war die Lage laut Polizeiberichten gestern etwas ruhiger als in den Vortagen, als die Angriffe auf afrikanische Immigranten 23 Menschen getötet und etwa 10.000 Flüchtlinge produziert hatten. Die Polizei hat in den betroffenen Gegenden nun verstärkt Spezialeinheiten eingesetzt, um mögliche erneute Ausbrüche von Gewalt abzuwehren. Auch in Eisenbahnen sind Sicherheitsmaßnahmen verstärkt worden. Ob Armeekräfte in die Brennpunkte der Gewalt entsandt werden sollen, ist noch nicht entschieden.
Allmählich regt sich eine kritische Debatte über die Ursachen der Ausländerhetze. "Anstatt gegen die Regierung zu demonstrieren, kämpfen Arme gegen Arme", sagt Prince Mashele, Mitarbeiter des Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria, und fordert stärkere politische Führung. Frustration über Armut habe sich gegen Migranten entladen. Gleichzeitig reagiere Südafrika zu langsam auf die Flüchtlingsströme aus Nachbarländern wie Simbabwe: "Es müssten Flüchtlingslager eingerichtet werden."
Der Geschäftsmann Tokyo Sexwale, früheres ANC-Führungsmitglied, erklärte, die Angriffe seien ein Ausdruck des Versagens von Führung in Afrika. "Wir schweigen und gehen nicht gegen afrikanische Führer vor, die korrupt sind und ihre eigene Bevölkerung schlecht behandeln - das führt zu einer afrikanischen Flüchtlingskrise", sagte er unter Verweis auf Südafrikas Nichtstun gegenüber der Krise in Simbabwe.
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