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AusländerInnen dürfen wählen -

■ - aber nicht alle, sondern nur jene aus den Ländern der Europäischen Union

Was Ausländerinitiativen schon seit langer Zeit fordern, zur Europawahl wird es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Realität: das Wahlrecht für AusländerInnen. Aber es kommen nicht alle der über 230.000 ausländischen Berliner in den Genuß dieses Bürgerrechts.

Nur AusländerInnen aus Staaten der Europäischen Union (EU), die sich am Wahltag mindestens seit drei Monaten ununterbrochen in der Bundesrepublik aufhalten, dürfen am 12. Juni ihre Stimme auch einer deutschen Partei geben.

Das sind immerhin rund 40.000 AusländerInnen in Berlin, die nach Schätzung von Rudolf Schlösser, Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters, das Recht haben, ein Kreuz auf den rund einen Meter langen Stimmzettel zu machen.

Im Unterschied zu deutschen WählerInnen, die automatisch eine Wahlbenachrichtigung erhalten, haben die AusländerInnen aus EU-Staaten noch eine bürokratische Hürde zu überwinden: Bis zum 9. Mai müssen sie einen Antrag zur Aufnahme in das Berliner Wählerverzeichnis gestellt haben, so Schlösser. Ohne diesen Antrag gibt es keine Teilnahmeberechtigung.

Doch die meisten EU-AusländerInnen wissen noch gar nichts von ihrem Privileg. Nach Meinung der Berliner Europaabgeordneten Dagmar Roth-Behrendt (SPD) habe der Berliner Senat bisher versäumt, die Wahlberechtigten zu informieren.

Zwar fehle noch eine Verordnung des Bundesinnenministeriums, die die Modalitäten des Wahlgangs regelt. „Die Informationsphase hätte jedoch schon im November letzten Jahres beginnen können, nachdem der Vertrag von Maastricht in Kraft getreten war“, kritisiert Dagmar Roth-Behrendt. Wenn die EU-AusländerInnen erst in drei Wochen über ihr Wahlrecht aufgeklärt werden, würde die Zeit knapp, um sich in die Wahlverzeichnisse eintragen zu lassen, meint die Europaabgeordnete.

Für Schlösser vom Landeswahlamt gibt es keine Terminprobleme. Sobald die Europawahlverordnung vom Bundesinnenministerium erlassen würde, wäre alles weitere „eine schnelle Nacht-und- Nebel-Aktion“.

Nach seiner Einschätzung werden Anfang April die Antragsformulare in den Wahlkreisbüros vorliegen. Die Informationskarten für die in Berlin lebenden AusländerInnen aus EU-Staaten seien schon längst gedruckt und müßten dann nur noch von den Meldeämtern verschickt werden.

Der letzte Abgabetermin für die Anträge wurde auf einen Monat vor dem eigentlichen Wahltag gelegt. Das hat seinen Grund: Bis zum Wahltag, so Schlösser, müssen nämlich dann noch die Wahllisten in ganz Europa abgeglichen werden.

Damit soll sichergestellt werden, daß die hier lebenden EU- AusländerInnen aus den Wahllisten in ihren Heimatländern gestrichen werden – also keiner zweimal wählen kann. Olaf Bünger

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