: Ausländer verlassen die Elfenbeinküste
Vor Beginn des Ausnahmezustands fliehen Zuwanderer aus den Sahelstaaten. Polizeirazzien in Slumvierteln
BERLIN taz ■ Im Zuge der politischen Spannungen in Elfenbeinküste verlassen immer mehr Einwanderer das westafrikanische Land. Die Buslinien aus der Hauptstadt Abidjan in die nördlichen Nachbarstaaten Mali, Burkina Faso und Niger werden seit Donnerstag von ausreisewilligen Einwandererfamilien gestürmt.
Am Mittwoch hatte eine Bombenexplosion am größten Busbahnhof von Abidjan vier Tote gefordert. Das Staatsfernsehen machte Migranten aus Niger für den Anschlag verantwortlich. Seitdem unternimmt die Polizei groß angelegte Razzien in den Slumvierteln Abidjans, wo viele Zuwanderer leben. Im Südwesten der Elfenbeinküste sollen 20.000 zugewanderte Plantagenarbeiter aus Burkina Faso in die Wälder geflohen sein.
Etwa 4 Millionen der 15 Millionen Einwohner der Elfenbeinküste sind westafrikanische Immigranten. Zunehmend werden auch einheimische muslimische Ethnien der nördlichen Grenzgebiete mit Ausländern gleichgesetzt und staatlich benachteiligt. Der wichtigste Politiker aus dem Norden der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, gilt in den Augen der Behörden als Staatsbürger Burkina Fasos und wird daher voraussichtlich von den Präsidentschaftswahlen am 22. Oktober ausgeschlossen. Spätestens heute Abend soll das Verfassungsgericht der Elfenbeinküste bekanntgeben, wer zur Wahl zugelassen wird. Am Mittwochabend hatte die Militärregierung zu diesem Anlass einen befristeten Ausnahmezustand ab Freitagabend verhängt.
Der Staatschef der Elfenbeinküste, General Robert Guei, wandte sich am Donnerstagabend im Fernsehen in scharfen Tönen an die Bevölkerung. Das Volk der Elfenbeinküste sei sich „seiner Identität bewusst“ und wolle „seine separate Persönlichkeit verteidigen“, sagte der seit 1999 herrschende Juntachef. Die im Lande lebenden Ausländer sollten sich erinnern, „dass ihnen nicht erlaubt ist, die höchsten Staatsämter zu begehren“. Die religiösen Führer sollten sich „ausschließlich“ auf sprituelle Fragen beschränken und sich aus der Politik heraushalten. Es war keine Rede, die geeignet war, die wachsenden internationalen Zweifel an der Stabilität der Elfenbeinküste zu zerstreuen. D. J.
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