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Ausländer in SüdafrikaDie Angst der Migranten

Gerüchte wollen nicht verstummen, dass es nach der WM neue Pogrome gegen afrikanische Ausländer gibt. Die ersten bringen schon sich oder ihre Kinder in Sicherheit.

Schlange stehen: Afrikanische Immigranten vor der Registrierungsstelle in Durban. Bild: reuters

Lucia Gumbo hat genug. Am Busbahnhof Park Station, dem größten in Johannesburg, steckt die Mutter aus Simbabwe ihre zwei Kinder in einen Bus nach Hause. "Es lohnt sich nicht, zu sterben", erklärt sie. "Lieber nach Hause gehen, solange es dafür noch Zeit gibt." Sie hatte bisher ein Mädchen im Kindergarten und einen Jungen in der Grundschule im Stadtteil Braamfontein.

Frederico Antanio steigt in ein Sammeltaxi in sein Heimatland Mosambik. "Ich will nicht warten, bis es erneut zu barbarischen gewaltsamen Überfällen auf Ausländer kommt", sagt er. Gary Banda hat sogar einen Lastwagen in sein heimatliches Malawi gemietet. "Ich kam nicht mit Kindern nach Südafrika, also ist die Heimreise unproblematisch", erklärt er. "Aber ich habe viel Gepäck und der Lastwagen kostet ein Vermögen. Doch ich will lieber leben als meinen Besitz verlieren."

Immer mehr Bürger Simbabwes, Mosambiks und Malawis bereiten sich darauf vor, Südafrika zu verlassen oder zumindest ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Schulen in Braamfontein bestätigen, dass Schüler abgemeldet worden sind, noch vor Ende des Schuljahres. Die Gerüchte, wonach das Ende der Weltmeisterschaft zu einer neuen xenophoben Angriffswelle führen könne, weil unzufriedene Südafrikaner die ausbleibende Verbesserung ihrer Lebensumstände auf die zu hohe Anzahl ihrer afrikanischen Brüder in ihrer Nachbarschaft zurückführen, wollen nicht verstummen.

In 2008 starben rund 70 afrikanische Ausländer bei Angriffen in Südafrika, über 200.000 Menschen wurden vertrieben. "Ich denke, dass die Urheber dieser Gewalt keine Bildung haben und sich deswegen wie Barbaren aufführten", sagt der Mosambikaner Antanio. "Was mich wundert, ist, dass wir in unserem Land so viele Südafrikaner haben, mit luxuriösen Häusern und Spitzenjobs in den Telefongesellschaften in Maputo, aber wir haben nie überlegt, sie zu beklauen, auszurauben oder anzugreifen unter dem Vorwand, sie würden uns Arbeitsplätze wegnehmen."

Südafrikas Behörden scheinen hilflos gegen die Angst der afrikanischen Ausländer. Die Polizei habe wegen der WM ihre Sicherheitsmaßnahmen überall verstärkt, sagt Polizeisprecher Oberst Lindela Mashego. "Wir sind auf höchster Alarmstufe für jede Eventualität während und nach der Weltmeisterschaft. Was die xenophoben Drohungen angeht, hat die Regierung den stellvertretenden Polizeiminister Fikile Mbalula angewiesen, damit umzugehen."

Mbalula selbst vertraut darauf, dass die WM-Atmosphäre die Spannungen vertreibt. "Wir sind keine Bananenrepublik und wir werden nicht zulassen, dass Bürger das Gesetz in die eigenen Hände nehmen", sagt er. "Afrika ist für die ganze Welt Gastgeber eines wunderschönen Fußballspiels, in Südafrika. Die Unruhestifter haben schlaflose Nächte wegen unseres Erfolges und sie überlegen sich jetzt andere Wege, uns von der Aufgabe abzulenken, ein sicheres und erfolgreiches Turnier zu gewährleisten. Das Polizeiministerium ist unbeeindruckt von der Angstmacherei in den Herzen unseres Volkes, einschließlich unserer afrikanischen Brüder und Schwestern, durch gesichtslose Menschen in unserer Mitte."

Der panafrikanische Geist der WM, wonach die Fans der afrikanischen Teams einander unterstützen, sollte Afrika zusammenführen, so Mbalula. "Wir engagieren auch die lokale Geschäftswelt, Kirchen und andere strategische Kräfte, um im Kampf gegen jede Bedrohung des Friedens mitzuhelfen, einschließlich ausländerfeindlicher Angriffe. Vor allem steht die Polizei bereit, jeden mit kriminellen Absichten zu verhaften. Es ist zu betonen, dass jeder innerhalb unserer Grenzen, der irgendeine Intention hegt, unsere afrikanischen Mitbürger anzugreifen, unsere Geduld strapaziert und hart angefasst wird."

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22 Kommentare

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  • S
    Suuna

    Ich habe noch die albernen ideologischen Grabenkämpfe in meiner Aufzählung störender Dinge vergessen. Einfach unpassend und überholt.

  • S
    Suuna

    Warum entwickeln sich eigentlich Debatten über Afrika-Artikel in dieser Zeitung immer in Richtung einer Deutschland-Analogie bzw. warum müssen die konkreten in den Artikeln geschilderten Umstände immer verallgemeinert oder auf eine theoretische Ebene gezogen werden (Afrika = Kontinent der Gewalt, wenn es um einen konkreten Konflikt geht; am Besten Korruption und Kolonialismus überall unterbringen, und Mauritius mit der Zentralafrikanischen Republik vergleichen).

     

    Ich möchte nicht über neueste Erkenntnisse der Rassismusforschung oder Gewalt in Afrika diskutieren, sondern über Südafrika, ein Land, dass ich kaum kenne.

  • L
    Läufer

    @Kemi

     

    Vielleicht, weil es eigentlich nicht um die Hautfarbe geht die ein jeder und der andere hat. Vielleicht verjagen die Menschen die Fremden aus dem Land aus Angst die eigene Existenz nicht sichern zu können. Was nützt es wenn der Kuchen wächst und man selbst kein Stück davon abgekomt. Wie schon ein Vorredner meinte, es werden die falschen Leute "gejagt". Das Land kommt durch neue Investitoren zu Geld und investestiert wird in Landschaft, Tourismus und "Industrie", doch der einzelne Mensch bleibt doch wieder auf der Strecke.

     

    Ich finde es einfach nur zum Kotzen

  • KB
    karin bryant

    @Mourice...Nein, ich muss kein Studie betreiben ueber's " weiss sein' da ich mit einem Afro-Amerikaner verheiratet bin und den umgekehrten Rassismus erlebt habe. Rassismus und Vorurteile gegen andere gibt es ueberall, nicht nur in Europa!

  • T
    TurmSpringer

    Wieviel (farbunabhängig) mehr ist eigentlich ein Läufer wert als ein Bauer fragt da der in die Spielkarten äugende Schachspieler.

  • D
    denninger

    Also, bevor das hier in einen Editwar ausartet:

    Peter hat schon Recht wenn man die Erläuterung zu seinem Kommentar betrachtet.

    "Ned", ich habe nie behauptet, "der Europäer" sei alleinig Schuld an den afrikanischen Zuständen.

    Sorry, wenn ich das mal ganz offen sage:

    Ich habe einige Zeit in Westafrika gelebt und gearbeitet und habe dort ähnlichen, teilweise soger schlimmeren Rassismus als hier vorgefunden.

    Beispiel: Wenn sich ein Württemberger und ein Badener in Villingen-Schwenningen wegen eines Huhns in der Wolle haben führt das nicht zu 50 Toten und 1000 niedergebrannten Häusern. (wer das Beispiel nicht versteht bitte erst googeln)

    Diskriminierung und Rassismus gibt es überall und in jeder "Community", macht Euch da nichts vor.

    Nur, nirgendwo wird darüber so intensiv gesprochen wie bei uns. Das sollte aber nicht zur Grundhaltung führen, unsere Gesellschaft sei prinzipiell auf Rassismus oder Diskriminierung aufgebaut.

  • B
    BerlinMarcus

    Komische Kommentare zum Thema Rassismus / Linke / Rechte gibt es hier.. bitte immer daran denken, dass Rassismus eine Form der Intoleranz ist... und das hat nichts mit Religion, Geschlecht "Rasse" , politischer Ausrichtung zu tun... prozentual findet man immer einen ähnlichen prozentualen Anteil von Leuten, die intolerant sind... es gibt viele intolerante Rechte, genauso viele intolerante Linke, Homosexuelle, Frauen, Männder, Farige, Weiße usw. ! Der Unterschied liegt im System / Gesetzgebung (z.B. relativ tolerante westliche Welt gegen relativ intolerante islamische Welt, ...), der Erfahrung der Menschen (z.B. hat England mehr Erfahrung mit Ausländern als Polen) und geschichtlichen Ereignissen (z.B. Deutschland mit Dritten Reich oder Länder wie die Türkei ohne aufgearbeiteter Geschichte)... diese Faktoren sorgen überwiegend dafür, dass Rassismus / Intoleranz mal mehr oder weniger auftritt, die eventuelle Grundhaltung ist überall gleich, d.h. überall gibt es Menschen die so denken...aber die eine dürfen es ausleben oder es wird gefördet und die andern dürfen / könnnen es nicht! In Dänemark jagt keiner Ausländer durch die Gegend und in einen afrikanischen Staaten kommt es vor!

    P.S. Und auch daran denken, das tendenziell Europa (insbesondere Westeuropa / Deutschland) deutlich toleranter sind als die meisten Staaten die es gibt!

  • D
    damuero

    "Dieser Artikel wird zwar das Weltbild vieler TAZ-Leser zerstoeren,denn es wird doch immer behauptet dass nur Weisse rassistisch sind. Aber so ist das, die Wahrheit ist hart!"

     

    *Satire an*

    Endlich sagt es mal jemand! Es gibt auch rassistische Neger!

    *Satire aus*

     

    Wieso tummeln sich hier eigentlich so viele Idioten? Das Bild-Forum ist doch auch kostenlos, oder?

  • P
    pjoddi

    Zitat:

    "hohe Anzahl ihrer afrikanischen Brüder"

     

    Sind in Afrika alle Brüder?

    Würde die TAZ das auch über unseren z.B. französischen Brüder schreiben?

  • P
    Peter

    @denniger:

     

    Dumm nur das ich selbst ein "Linker" bin und nichts wählen würde das rechts von der SPD steht.

     

    Es geht mir nur auf die Nerven wie verblendet manche Menschen sind die sich als links bezeichnen, das müssten sie als "Rechter" nachvollziehen können, da es rechts noch viel mehr solche Menschen gibt.

     

    Schade, jetzt habe sie sich umsonst bemüht.

  • AW
    Auch wenn es nicht zum Thema passt

    Ist es nicht auch eine Form des Rassismus (mal übertrieben formuliert) zu sagen nur eine bestimmte Art von Menschen wären rassistisch. Manche sind hier, was mir leider immer wieder auffällt, in ihrem linkem Dasein so engstirnig.

  • AR
    Alexander Riemer

    Warum kommen hier eigentlich bei jedem 3ten Artikel Anfeindungskommentare gegen taz-Leser?

    Ihr seid doch selber taz-Leser, wie könnt ihr dann behaupten, dass es davon einen typischen nicht konstruktiv denkenden Schlag geben würde.

    Allein der Gedanke kommt mir idiotisch vor.

  • DA
    Die Anna

    "Ein Nichteuropäer kann ausländerfeindlich sein?

    Das Weltbild einiger der taz Leser zerbricht gerade."

     

    "Dieser Artikel wird zwar das Weltbild vieler TAZ-Leser zerstoeren,denn es wird doch immer behauptet dass nur Weisse rassistisch sind. Aber so ist das, die Wahrheit ist hart!"

     

     

    ergebnis: alle menschen sind rassistisch!

     

    okay, abgemacht! erkenntnis gewonnen, die wahreit ist hart. nächster artikel.

     

    es ist doch sehr schade, dass dieser artikel durch solche kommentare offensichtlich nur zur rassismus-ist-ein-menschliches-problem-rechtfertigung instrumentalisiert wird.

    und siehe da: gleichzeitig, kann man noch der TAZ und/oder dem ein oder anderen leser an den karren fahren.

    HURRA! das ist das neue entertainment! ein bisschen selbstbeweihräucherung, ein bisschen konfrontation, ein bisschen teilnahme am links-rechts-affentheater.

     

    die welt feiert fußball und zur selben zeit am selben ort haben einige afrikaner angst um ihr leben!

     

    das ist: ein konkretes, nicht-deutsches problematisches phänomen, das hier beschrieben wird.

    das ist nicht: der moment, brücken zur eigenen befindlichkeit zu schlagen und soziale probleme mit inhaltslosen floskeln abzutun.

     

    ich würde mich sehr freuen, wenn die kommentare bei einem solchen thema sich nicht nur auf TAZ-leserbefeindungen oder -bekundungen beschränken würden. dafür macht mich die im artikel geschilderte situation zu betroffen.

  • P
    Peter

    @karin

    Kannst du auch Quellen liefern, wo jemand behauptet "nur Weisse sind rassistisch"?

     

    Oder was ist der Sinn hinter deinem Kommentar? Willst du aufzeigen, dass Rassismus ja gar nicht so schlimm ist, weil es ja auch farbige Rassisten gibt?

  • K
    Kemi

    wieso spricht der Autor nur im allgemeinen von Südafrikanern, die Ausländern Gewalt androhen?

     

    wieso nicht von weißen Südafrikanern?

    wieso nicht von schwarzen Südafrikanern?

  • NF
    ned flanders

    @Peter

    denniger hat (als Rechter) natürlich Recht. Ausländerfeindlich kann nur der Europäer (speziell der Deutsche) sein. Wenn dies irgendwo auf der Welt nicht der Fall ist, ist der Europäer (speziell der Deutsche) aber natürlich im Grunde doch daran schuld. Irgendwie. Man muss es nur wollen.

    In der langen Geschichte der Menschheit kann man deutlilch sehen, dass alle immer friedlich zusammengelebt haben, bis der Europäer (speziell der deutsche) dazukam.

    Wir sind böse.

  • M
    Mourice

    @Karin Bryant: Immer diese banalen Aussagen. Beschäftigen Sie sich ausgiebig mit der Weiß-seins Forschung und dann wissen Sie was gemeint ist.

  • HU
    Hinz und Kunz

    Warum ist es eigentlich für jeden so schwer zu kapieren, dass Vorurteile und Gewalt nicht zum Schwarz - oder - Weiß, sondern zum Menschsein gehört und deshalb überall vorgekommen ist und vorkommt? Und weil das so ist, werden wir ihr immer únd überall entgegentreten müssen

  • L
    Lulu

    ich bin mir ziemlich sicher, dass die dort ansässigen medien solche entwicklungen mit zu verantworten haben.

    sonst würden die südafrikaner vielleicht darauf kommen, dass man andere leute aus dem land jagen sollte, aber die haben wahrscheibnlich weit mehr einfluss auf die medien als die armen migranten.

  • KB
    karin bryant

    Dieser Artikel wird zwar das Weltbild vieler TAZ-Leser zerstoeren,denn es wird doch immer behauptet dass nur Weisse rassistisch sind. Aber so ist das, die Wahrheit ist hart!

  • D
    denninger

    Ja, ja, "Peter" freue Dich nur dass Du wieder etwas gefunden hast, was Dich soo viel klüger als "die Linken" aussehen lässt.

    Dass die südafrikanische Gesellschaft duch jahrzehntelagen Unterdrückung brutalisiert wurde, das Resultat zerschlagener Sozialstrukturen Gewalt ist und diese Gewalt eben nicht "nur afrikanische Lebensart" ist verstehe sogar ich als "Rechter".

    Also pack bitte den selbstgefälligen "na also, wir sind ja gar nicht so böse"-Kommentar wieder weg.

    Auch wenn ich die Liste der durch exremistische Gewalt Getöteten im Einzelfall kritisch sehe (z.B. der Amoklauf von Reichenhall hatte sicher keine rassistischen oder rechtsextremen Ursachen) ist jeder auf Grund seiner Ethnie in Deutschland Bedrohter ein Beleg dafür, dass Rassismus nie aufhören wird.

    Das "woanders sind sie noch viel schlimmer" Argument ist ganau so dumm und kontraproduktiv wie die "Ihr seid alle Rassisten" Parole.

  • P
    Peter

    Ein Nichteuropäer kann ausländerfeindlich sein?

     

    Das Weltbild einiger der taz Leser zerbricht gerade.