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Ausflaggung und Sozialdumping auf der ElbeElbfähre unter der Flagge Madeiras

Die neue Reederei Elb-Link möchte ihre Fährschiffe zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven unter einer Billigflagge betreiben.

Wo ist die Perspektive? Die Fähre „Anne-Marie“ überquert die Elbe. Foto: Carsten Rehder/dpa

HAMBURG taz | Eigentlich ist die neue Reederei Elb-Link mit ihrer Fährverbindung zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel in eine große Marktlücke gestoßen. Doch das tolle Angebot kommt noch nicht so gut an wie erhofft. Nach gut einem Jahr befindet sich die Reederei in der Bredouille und hat Liquiditätsprobleme. Der Staatsanwaltschaft Stade liegt eine Anzeige wegen Insolvenzverschleppung vor. „Die Ermittlungen dauern an“, sagt Sprecher Kai Thomas Breas der taz.

Die Verbindlichkeiten würden getilgt, beteuert die Reederei. Und nun bekommt Elb-Link noch zusätzlichen Ärger. Aktivisten der Initiative „Für eine faire Fähre“ protestieren gegen den Plan der Reederei, die Schiffe auf der Inlandsroute unter Billigflagge fahren zu lassen, um Heuern und Sozialstandards der Besatzungen zu senken.

Seit dem 20. August 2015 pendeln die beiden modernen Doppelendfähren „Grete“ und „Anne-Marie“ vom Typ MM 90 FC im Zweistundentakt die 19 Seemeilen auf der Unterelbe hin und her. Damit schaffen sie eine Verbindung zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein, worüber sich viele Menschen und Logistiker der beiden Regionen freuen.

Die Flussfähren gehören der Elb-Link-Reederei mit Sitz im niedersächsischen Tostedt, die wiederum der estnischen Reederei Saaremaa Shipping Company gehört. Sie schippern zwar ausschließlich auf deutschem Territorium, aber nicht unter deutscher Flagge – als einzige Fähren auf deutschen Flüssen. Jetzt noch mit dem Wimpel Estlands, doch bald unter der Billigflagge Madeiras.

Die Unterelbe-Querung

Seit 100 Jahren gibt es immer wieder Versuche, eine Fährverbindung zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel zu etablieren.

Die Hamburger Hadag betrieb die Route am längsten: von 1974 bis 1981 mit zwei Autofähren.

Der Bremer Reeder Egon Herbert Harms versuchte 1990, die Verbindung zwei Jahre lang mit drei Fähren aufrechtzuerhalten.

Seit dem 20. August 2015 verkehren die beiden Doppelendfähren der Elb-Link-Reederei. Im ersten Betriebsjahr nutzten 440.000 Fahrgäste die Elbverbindung. Rund 74.000 Autos und 13.000 Lastwagen wurden transportiert.

„Jetzt ist es noch eine estnische Besatzung, dann werden es wohl Philippinos zu Dumpingheuern sein“, befürchtet der Hamburger Arbeitsrechtler Rolf Geffken. Denn das Fahren der Schiffe unter Billigflagge ermöglicht es der Reederei, ausländische Seeleute zu Niedriglöhnen und den Sozialstandards ihrer jeweiligen Heimatländer zu beschäftigten und nicht zu deutschen Tarifstandards und nach deutschem Arbeitsrecht.

Die Elb-Link Reederei schiebt den schwarzen Peter der Mutterreederei zu. „Die Elb-Link-Reederei ist lediglich Charterer und hat somit keinen Einfluss auf die Flagge“, sagt Betriebsleiter Bernd Bässmann der taz. „Für uns hat das jedoch keinen Einfluss auf die bestehenden Arbeitsverträge, da unsere Mitarbeiter alle deutsche Arbeitsverträge haben und der Sozialversicherung unterliegen, da wir im nationalen Verkehr fahren“, beteuert Bässmann.

Ganz gleich, ob die Ausflaggungspläne auf die Mutter- oder die Tochtergesellschaft zurückgehen: Das Motiv dafür dürfte darin liegen, dass Elb-Link bis zum 31. Juli des abgelaufenen Jahres 1,4 Millionen Euro Verlust eingefahren hat. Neben den normalen Anlaufschwierigkeiten haben laut Betriebsleiter Bässmann unvorhergesehene Kosten zu dem negativen Ergebnis beigetragen.

Zum einen seien 400.000 Euro zusätzliche Lotsenkosten angefallen, weil die Fähren länger als geplant nur mit einem Lotsen an Bord fahren durften. Zum anderen habe die Einstufung der beiden Fähren als „Seeschiffe“ nicht einkalkulierte Abgaben in Höhe von 130.000 Euro verursacht. Mit dieser Einstufung wollte Elb-Link die Beschränkungen für Gefahrguttransporte auf Binnenschiffen umschiffen.

Bässmann gibt sich zuversichtlich: „Die Strecke muss sich etablieren und dies wird noch einige Zeit dauern“, sagt er. Verluste seien einkalkuliert. Das bestätigt auch der Chef des Deutschen Fährverbands, Michael Maul. Der Verband rechne mit einer Anlaufphase von zwei bis drei Jahren, bis sich Fähren in einer Region fest verwurzeln. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Branche seien sehr gut.Gerade deshalb stoßen die Ausflaggungspläne auf Widerstand.

„Sich billig zu machen, in dem man die Mannschaft billig macht, das ist kein tragfähiges Konzept“, sagt der niedersächsische Bundestagsabgeordnete der Linken, Herbert Behrens. Er verweist auf das unausgeschöpfte Potenzial der Fähre: „Sie könnte mehr für den Güterverkehr als Alternative zum Elbtunnel genutzt werden.“

Für Geffken, den Anwalt der Seeleute, geht es aber auch um das Grundsätzliche. Aufgrund des Falls bekomme die Forderung der Initiative „Rettet die Seeschifffahrt“, Ausflaggungen zu verbieten, neuen Schub.

„Die Kreistage von Cuxhaven und Dithmarschen werden sich ebenso mit dem Thema befassen wie die Regionalkonferenz Nord der Gewerkschaft Ver.di“, sagt der Anwalt Geffken. Auch die Spitzenkandidatin der Linkspartei bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Marianne Kolter, habe zugesagt, das Ausflaggungsverbot zum Thema zu machen.

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1 Kommentar

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  • Tja, liebe Kollegen, was der Herr Geffken da seit Monaten in die Luft piustet, ist nichts Neues. Wahrscheinlich braucht er mal wieder Publicity für eines seiner Bücher. Richtig ist, dass die Fähren einer estnischen Reederei gehören und unter der Flagge ihres Heimatlandes fahren. Elb-Link ist eine Tochter dieses Unternehmens. Was Herr Geffken fordert, ist also genau das, was er anprangert: Die Ausflaggung der Schiffe. Hier handelt es sich nach meiner Vermutung um eine sehr persönliche Fehde, wie sie ja die chronisch überlastete Elbefähre bei Wischhafen (übrigens ganz in der Nähe des Wohnortes von Herrn Geffken) dem Vernehmen auch führt. Dass eine Fährreederei etwa drei Jahre braucht, bis sie rund läuft, das hat ja bereits der Deutsche Fährverband in einer anderen Zeitung gesagt. Offensichtlich ist es für Herrn Geffken einfacher, ein im Aufbau befindliches Unternehmen und damit mindestens 50 Arbeitsplätze zu gefährden, als sich zum Beispiel gegen die FRS Helgoline zu stellen, die seit Jahren profitabel unter der Flagge Zyperns den Fährverkehr per umweltverschmutzendem Hochgeschwindigkeitskatamaran nach Helgoland betreibt. An die ganz großen Reedereien traut er sich ja erst recht nicht heran. Zu seiner groß angekündigten "Demonstration" gegen die Fähre kam gerade mal eine Handvoll Menschen, vorwiegend aus dem linken Spktrum. Der angekündigte Redner von ver.di blieb vorsorglich der Veranstaltung fern.