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Ausbreitung des BakteriumsEhec wird europäisches Problem

Die EU warnt nicht mehr vor spanischen Gurken. Gleichzeitig schnellen die Ehec-Zahlen in die Höhe und der Erreger breitet sich in Europa aus. Die Quelle der Infektion bleibt im Dunkeln.

Laboruntersuchung einer Paprika in Tschechien. Bild: reuters

BRÜSSEL/BERLIN/MOSKAU dpa/afp | Die EU-Kommission hat die europaweite Warnung vor spanischen Gurken im Zusammenhang mit dem lebensgefährlichen Darmkeim EHEC aufgehoben. "Die jüngsten Ergebnisse haben gezeigt, dass das spanische Gemüse nicht verantwortlich für den Ausbruch von EHEC in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten ist", hieß es am Mittwochabend in Brüssel.

Neue Tests aus Deutschland und Spanien hätten ergeben, dass die aktuelle Darmseuche nicht von den auf einigen Gurken gefundenen Bakterien ausgelöst wurde. In Deutschland wird indes weiter dazu geraten, vorsichtshalber auf den Verzehr von rohem Gemüse zu verzichten. Unterdessen steigt die Zahl der EHEC-Infizierten wieder rapide. Innerhalb eines Tages stieg die Zahl gemeldeter EHEC-Infektionen und -Verdachtsfälle bundesweit von rund 1500 auf 2000. Zugleich tappen die Experten auf der Suche nach der EHEC-Quelle völlig im Dunkeln.

In Brüssel rief EU-Gesundheitskommissar John Dalli Deutschland dazu auf, die Suche nach der Infektionsquelle zu verstärken. "Der anfängliche Verdacht Deutschlands, Gurken aus Spanien könnten schuld sein, hat sich bisher nicht bestätigt." Mehr Klarheit könne es aber erst geben, wenn die Ergebnisse der Boden-, Wasser- und Produktproben aus den spanischen Betrieben in Almeria und Malaga vorlägen.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hätten Nachtests ergeben, dass von den anfangs vier bestätigten EHEC-Proben von Gurken aus Hamburg nur zwei mit dem Keim infiziert seien. Allerdings handele es sich dabei nicht um den dem Erregertyp O104, der für die derzeitige Seuche verantwortlich ist, hieß es in einer Erklärung vom späten Mittwochabend. "Es gilt weiterhin zu klären, an welcher Stelle in der Lebensmittelkette die Belastung mit Keimen erfolgt ist", sagte BfR-Präsident Andreas Hensel.

Kein Anlass zur Entwarnung

Indes unterstrich der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, es gebe keinen Anlass für Entwarnung. Erst in einigen Tagen werde sich zeigen, ob die Warnungen vor rohem Gemüse die Infektionen gebremst haben. Auch das BfR empfahl, vorsorglich weiter auf rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate zu verzichten.

Niedersachsen meldete einen weiteren EHEC-Todesfall durch das von EHEC ausgelöste hämolytisch-urämische Syndrom (HUS). Es kann zu lebensgefährlichen Nieren- und Nervensystemschäden führen. Damit sind bundesweit 16 Todesfälle registriert, 14 davon waren Frauen. Vor allem in Norddeutschland nahmen die bestätigten Erkrankungen und der Verdachtsfälle sprunghaft zu. Niedersachsen meldete am Mittwoch 344 Verdachtsfälle - 80 mehr als am Vortag. In Hamburg kletterte die Zahl um 119 auf 668 bestätigte oder Verdachtsfälle.

In Schleswig-Holstein bereitet den Ärzten ein starker Anstieg neurologischer Komplikationen Sorgen. "Wir haben Patienten, die überhaupt keinen Durchfall haben, aber schwere neurologische Symptome", schilderte der Kieler Klinikdirektor Prof. Ulrich Kunzendorf. Ein Beispiel seien etwa epileptische Anfälle.

Die Experten suchen weiter fieberhaft nach der EHEC-Quelle. "Man kann derzeit gar nichts ausschließen", erklärte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) im ZDF-Morgenmagazin. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei sehr unwahrscheinlich, wenn man normale Hygieneregeln einhalte, sagte Prüfer-Storcks. Laut RKI-Präsident Burger gibt es dagegen mittlerweile erste Hinweise, "dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung erfolgen kann".

Ausbreitung in Europa

Auch im Ausland breitet sich der tödliche Keim weiter aus: In Tschechien gibt es einen ersten nachgewiesenen EHEC-Fall. Laut EU-Kommission gibt es zudem in Schweden, Dänemark, Frankreich, Österreich, Großbritannien und den Niederlanden EHEC-Fälle. Meistens seien die Erkrankten kurz zuvor in Deutschland gewesen.

Russland hat einen Import-Stopp für Gemüse aus der Europäischen Union verhängt. Der Leiter der Verbraucherschutzbehörde, Gennadi Onischtschenko, sagte der Nachrichtenagentur Interfax, das Einfuhr-Verbot für frisches Gemüse aus allen EU-Ländern sei am Donnerstagmorgen in Kraft getreten. Bereits eingeführtes Gemüse solle im ganzen Land aus den Regalen genommen werden. Am Montag hatte Russland bereits ein Import-Stopp für Gemüse aus Deutschland und Spanien verhängt.

Die Gemüse-Branche stimmt sich indes auf immer stärkere Entschädigungen und Kompensationen für Bauern ein. EU-Kommissar Dalli hält Entschädigungen generell für denkbar. Auch EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hat angekündigt, rechtliche Möglichkeiten für Kompensationen betroffener Landwirte auszuloten.

Nach Ansicht der Branche hat die neue Ungewissheit die Lage der Gemüsebauern verschärft. Der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) zufolge trägt die Kaufzurückhaltung - auch bei anderem Gemüse - zu Umsatzeinbußen von ungefähr vier Millionen Euro pro Tag bei.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, forderte einen finanziellen Ausgleich von der Bundesregierung und der EU für die angeschlagenen Betriebe. "30 Millionen Euro Einbußen sind nicht verkraftbar", sagte er der Passauer Neuen Presse. Viele Betriebe stünden wegen der Angst der Verbraucher vor dem EHEC-Erreger vor dem Ruin.

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16 Kommentare

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  • M
    Marie

    @Jürgen Lamprecht

    Soyasoße, meinetwegen.

    Was ich auch interessant finde ist, dass anscheinend vor allem frauen erkranken. Lippenstift? Kosmetika im Allgemeinen?

    Wahrscheinlich erfahren wir es eh nie...

  • DW
    Da war doch was

    Spanien? Griechenland? Massendemonstrationen?

    Warum liest man darüber nichts mehr?

     

    Stattdessen EHEC. PANIK. Wie von anderen bereits gesagt, hat die "Seuche" bisher einen Bruchteil der Auswirkung einer "normalen" Wintergrippe hat. Könnte man auch fragen: Wann gibts endlich die Dauerberichterstattung dazu?

     

    Angst lähmt. Wir könnten ja dem Beispiel der Spanier folgen...

  • JL
    Jürgen Lamprecht

    EHEC aus Sojasauce?

    Gesundheitsbewusste Ernährung, wenig Fleisch, eher Gurken, Tomaten, Salat, Wok.

    Könnte Sojasauce die Quelle des EHEC-Keimes sein? Nichts gegen die japanischen Restaurants - dort wird sauberer gearbeitet als überall sonst. Aber eine kontaminierte Charge Sojasauce könnte verheerende Folgen haben. Viele Konjunktive, aber eine Idee. Für die Epidemiologen...

  • WW
    W. Wacker

    @anna: selbstverständlich:

    So warnt der niederländische Forscher Prof. Enilov von der Universität Amsterdam seit Jahren vor den Gefahren von Biogasanlagen: "Unter den Bedingungen einer Methanatmosphäre und Temperaturen um die 50°C - wie sie in einer Biogasanlage herrschen - laufen mutative Prozesse unter extremen Beschleunigungsbedingungen ab. Cross-Over-Prozesse von Erbgut laufen etwa eintausend mal schneller ab als unter normalen Bedingungen. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis sich Killer-Viren über die Abluft der Anlagen in die Umwelt verbreiten." Biogasanlagen müssten eigentlich wie Sicherheitslabore der Stufe II behandelt werden, das heißt Ausstattung mit Unterdrucktechnik und hermetische Trennung von der Umwelt. Für die boomende Biogasbranche wäre dies jedoch das Aus. Sollte sich bestätigen, dass EHEC eine Ausgebrut einer Biogasanlage ist, würde dies das Aus für die Biogasindustrie bedeuten.

  • W
    Westberliner

    Ich habe im Internet von Thesen gelesen, dass ein biologischer Angriff z. B. durch die CIA möglich wäre, um den Finanzkrieg gegen den Euro auszuweitern. Mag phantastisch klingen. Aber ein anderer Mensch sagte schon vor über 100 Jahren:

     

    Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle

    menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult

    und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren.

  • A
    anna

    Hat sich eigentlich mal jemand damit beschäftigt, wie es zu der Mutation der normalerweise mäßig problematischen Bakterie zu einer sehr aggressiven kommen konnte?

     

    Einfach nur sprunghafter Zufall?

     

    Oder kommt das durch die Spaltbodengülle eines mit Medikamenten behandelten Inzucht-Hochleistungsrindviechs, welches genmanipuliertes und pesitzidverseuchtes Silagefutter gefressen hat?

     

    Es ist doch nicht nur die Frage, wo die Quelle aktuell ist, sondern wie genau dieses Bakterium entstanden ist.

  • M
    mr.spock

    ...vielleicht hat dieser durchgeknalle reverent in new york ja doch recht und der ultimative weltuntergang steht unmittelbar bevor...

     

    heute ist doch himmelfahrt?

  • F
    frank

    Vielleicht sollten Sie mal das Verteidigungsministerium kontaktieren, weil die NATO oder die Bundesregierung - nebst US-Armee und anderen - erwägen nicht nur seit einem Jahrzehnt das Potenzial E.Colis als Waffe. Was Sie aber nicht so verstehen sollten, dass nur die in Frage kommen, denn es könnte ja auch in "falsche" Hände gekommen sein.

  • WW
    W. Wacker

    Entschädigungen für die armen Landwirte wird überall gefordert; möglicherweise auch zu Recht.

     

    Jetzt frage ich: wofür wird das Geld denn ausgegeben, wenn nicht für Salat und Gemüse? Da sollten wir ganz schnell eine Gewinnabschöpfungssondersteuer einführen, aus der die Entschädigung gezahlt werden kann.

     

    Oder ???

  • M
    Mirko

    Ficken?

     

    Kann ja sein, 'tschuldigung... Auch nicht intelligenter als all diese Mutmaßungen der letzten Wochen...

  • V
    Verschwörung

    Wo bleiben die Verschwörungstheorien? Kürzlich äußerte ein Leserbriefschreiber in der "Zeit" den Verdacht eines Terroraktes.

     

    Al Quaida vergiftet Gemüse. Oder sind es die Linken? Oder gar die Rechten?

  • J
    joerg

    @thomas: Weil die Taz genauso wie alle anderen Zeitungen nicht alle Artikel selbst recherchieren kann/will und deswegen dpa/afp Texte abdruckt. Billig einkaufen, teuer weiterverkaufen. Marktwirtschaft, auch bei Informationen.

  • T2
    thomas 2

    die taz hat oft Arktikel, die so 1:1 wörtlich auch im Spiegel-Online stehen; auf nachfrage habe ich keinerlei Antwort bekommen; aber wahrscheinlich ist das eine einfache Kosteneinsparungsmassnahme - ist ja letztlich auch i.O., bei "Standard"-THemen

  • L
    lille

    Hallo! Ich sehe das genauso, wie "Mein Name ist Hase". Ich wünsche mir hier auch einen etwas kritischeren Bericht, das ist halt der gleiche Mist, wie auch bei den ganzen Tierseuchen...mich verwirrt das ohnehin, da ich mich vegan ernähre und nun einmal meine Rohkost essen möchte. Vermutlich sind auch viele psychosomatische Fälle dabei. Klar, wenn man überall EHEC hört und beim Bäcker kein Brötchen mehr mit Gemüse darauf bekommt und in den Einkaufswägen vor einem nur Fertig-Fraß steckt...dann kann man sich sicherlich schnell einbilden, dass man nun auch ganz schlimm krank wird...Also auch mein Wunsch an die TAZ-Redaktion: Aufklärung statt Panikmache.

  • T
    thomas

    Wieso ist das der gleiche Bericht wie auf N-TV ???

  • MN
    Mein Name ist Hase

    Die TAZ, als alternatives Medium, sollte sich in der EHEC-Massenpsychose einmal auf ihre Informationspflicht besinnen, anstatt mit ins Panikhorn zu tuten.

     

    15 Tote ist ein Witz, da rafft jede kleine Wintergrippe das hundertfache an Menschen dahin. Das die Verdachtsfälle stetig steigen ist erklärbar, denn jeder mit Flitzkacke rennt jetzt zum Arzt. Findet der Arzt nicht sofort eine Ursache für den Durchfall, wird ein EHEC-Verdachtsfall gemeldet.

     

    Jetzt sollte mal Schluss sein mit dem albernen Medienrummel, zumindest erwarte ich das von der TAZ! Aufklärung statt Panikmache!