piwik no script img

Aus für „45 Fieber“?

■ Die Kultursendung soll abgeschafft werden / „45 Fieber„-Macherinnen überrascht / Programmchef Schättle weiß von nichts / Ärger im Rundfunkrat

Das Kulturmagazin „45 Fieber“ soll im nächsten Jahr nicht mehr auf den Bildschirmen flimmern. Das haben offensichtlich die SFB-Hauptabteilungsleiter für Familie (Rosenbaum) und Kultur (Fambach) beschlossen und den „45 Fieber„-Macherinnen mitgeteilt. Die beiden betroffenen Frauen, Liane von Pein und Christiane Jontza, sind von der Entscheidung überrascht und „enttäuscht“. Jontza: „Wir sind bisher immer davon ausgegangen, daß wir in ein zukünftiges junges Kulturprogramm eingebunden werden.“

„45 Fieber“ ist seit sechs Jahren auf Sendung und hat für ein Kulturprogramm überraschend viele Zuschauer: zwischen fünf und zehn Prozent. Warum die Sendung gekippt werden soll, ist nicht näher begründet worden. Der Programmdirektor Fernsehen, Horst Schättle, sagte gegenüber der taz, daß „die Farbe, die '45 Fieber‘ repräsentiert, nicht verloren gehen soll“. Er dementierte dann aber, daß es überhaupt einen „Beschluß“ gebe, nach dem die Sendung abgeschafft werden soll: „Ich habe das nicht beschlossen.“ Ob die Hauptabteilungsleiter im SFB Sendungen eigenmächtig abschaffen dürfen, wollte Schättle der taz allerdings nicht erklären.

Die Entscheidung, „45 Fieber“ zu kippen, stößt im Rundfunkrat (33 Mitglieder) auf Unverständnis. Christiane Zieseke, Rundfunkrätin der AL, bemängelt, daß der Programmausschuß von der geplanten Einstellung nicht informiert worden ist. Der Programmausschuß, in dem 22 Mitglieder des Rundfunkrates sitzen, soll die Geschäftsleitung des SFB bei der Programmgestaltung beraten. Zieseke kritisiert auch, daß die „SFB-Spitze in der Vergangenheit ein besonderes Talent an den Tag gelegt hat, wenn es darum ging, erfolgreiche Sendungen gegen den Willen des Programmausschusses abzuschaffen“. Der „Berliner Platz“ und die Frauensendung „Zeitpunkte“ hätten nur gerettet werden können, weil es damals lautstarke Proteste gegen die Abschaffung gab.

„45 Fieber“ ist erst im Januar in der Nordschiene der 3.Programme von einem 14tägigen auf einen monatlichen Erscheinungsrhythmus reduziert worden. Der Sendebeginn wurde von 21 Uhr auf 22.30 Uhr verschoben. Seitdem rutschen die Zuschauerzahlen in den Keller. Schättle bedauert den „schlecht plazierten Sendetermin“. Der SFB könne allerdings nicht alleine über Sendezeiten entscheiden, weil man sich mit dem NDR und Radio Bremen einigen müsse.

„45 Fieber“ erfreut sich bisher beim Fernsehpublikum großer Beliebtheit, weil es nicht traditionellen Kultursendungen entspricht. Beiträge berichten nicht selten über die „Off -Kultur“. In der Aufmachung orientiert sich die Sendung stark an der Videoästhetik, und in der Sendung sollen Betroffene mehr zu Wort kommen als der Moderator, so Jontza. Das nächste Mal flimmert „45 Fieber“ am 30.April vom Bildschirm.

Dirk Wildt

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen