Kommentar: Aus der rot-grüne Traum
■ Wie Bremerhaven Politik macht
Stellen Sie sich vor, die Cuxhavener Abgeordneten im niedersächsischen Landtag verlangen ein besonderes Vetorecht - und pressen damit bis in die letzte Minute vor der Landtagssitzung alle Fraktionen. Die Cuxhavener würden das nie tun, es würde auch mit großer Empörung zurückgewiesen.
Nicht so in Bremen.Die Ampel-Partner und die CDU sind selbst schuld: Da sie eine Verfassungsreform zur Debatte stellen, die alle substantiellen Reformen der bremischen Staatsverfassung auf später vertagt, konnten die Bremerhavener ihr Problem in den Vordergrund stellen, ohne daß jemand ernsthaft behaupten könnte, es gäbe Wichtigeres zu debattieren. So verhandeln die Bremerhavener wie auf dem Fischmarkt: Zustimmung zur Verfassung nur, wenn die Wahlkreisgrenzen tabu sind. Damit ist durch die Hintertür der Parlamentsreform ein wichtiger Riegel vorgeschoben: Wenn Bremerhaven ein Wahlkreis bleibt und es für 5 Prozent einen Sitz geben soll, dann kann die Bürgerschaft nicht auf 51 Sitze verkleinert werden.
Der Austritt der Werner-Lenz-Vertrauten Karin Tutzek aus der SPD hat ein zweites Thema erledigt: Rot-Grün geht in Bremen nicht mehr. Die SPD wird sich nicht von Walter Ruffler abhängig machen, und ohne Walter Ruffler und ohne Karin Tutzek hat Rot-Grün keine 51 Mandate mehr. Fazit: Bremens Politik wird derzeit in Bremerhaven gemacht. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen