Auftakt der US-Vorwahlen: Obama und Huckabee siegen in Iowa
Überraschend lässt Demokrat Obama Hillary Clinton zehn Prozentpunkte hinter sich, Mike Huckabee gewann mit 34 Prozent klar gegen seinen Konkurrenten Romney.
"Sie haben gesagt, dieser Tag würde nie kommen, nun ist er hier", sagte der Demokrat Barack Obama vor jubelnden Fans, nachdem in der Nacht zum Freitag klar geworden war, dass er die erste Vorwahl im Kampf um die US-Präsidentschaft gewonnen hatte. Der 46-jährige Obama erhielt bei der parteiinternen Kandidaten-Wahl im Bundesstaat Iowa 38 Prozent der gewichteten Stimmen. Für seine schärfste Konkurrentin Hillary Clinton entschieden sich dagegen nur 29 Prozent der Parteigänger. Die Senatorin und Ex-First- Lady landete damit auf einem für sie enttäuschenden dritten Platz, noch hinter dem Ex-Senator und ehemaligen Vizepräsidentschaftskandidat John Edwards, der 30 Prozent Zustimmung erhielt.
Bei den Republikanern setzte sich der Ex-Gouverneur und evangelikale Prediger Mike Huckabee mit 34 Prozent klar gegen seinen Konkurrenten Mick Romney durch. Romney, der als Mormone hartnäckige Akzeptanzprobleme hatte, kam nur auf 25 Prozent. Huckabee, der noch vor zwei Monaten als Außenseiter galt, gab sich in der Nacht zum Freitag siegessicher: "Das ist ein neuer Tag für die amerikanische Politik." Zugleich machte er klar, dass er keine Angst vor den folgenden Vorwahlen habe: "Es beginnt heute in Iowa, aber es endet nicht hier, sondern in Washington."
Romney gestand seine Niederlage ein. "Diese Runde ging an Huckabee", sagte er. Seinem Rivalen sei es besser gelungen, seine konservativ-christlichen Anhänger zu mobilisieren. Huckabee verdankt seinen Wahlsieg in Iowa einem hohen Bevölkerungsanteil tiefgläubiger Wähler, die Mormonen gegenüber kritisch eingestellt sind. Schon in New Hampshire, einem Ostküstenstaat, könnte es dagegen für Huckabee viel schwieriger werden, gut abzuschneiden. Der Mann aus Arkansas konnte bislang zudem deutlich weniger Geld für seinen Wahlkampf aufbringen als der Multimillionär Romney.
Weit abgeschlagen landeten die beiden republikanischen Anwärter Fred Thompson und John McCain bei jeweils 13 Prozent. Der in manchen landesweiten Umfragen noch führende Rudy Giuliani, New Yorks Ex-Bürgermeister, hatte in Iowa auf einen Wahlkampf verzichtet und kam entsprechend auf nur magere vier Prozent.
Das überaus komplizierte basisdemokratische Ritual in Iowa, bei dem buchstäblich mit den Füßen abgestimmt wird, bildet traditionell den Auftakt zum US-Wahljahr. Der US-Präsident selbst wird in einer allgemeinen Wahl erst am 4. November gewählt. In vielen US-Vorwahlen galt: Wer Iowa gewinnt, kann mit Rückenwind zu den darauf folgenden Vorwahlterminen segeln. Dem Schwung durch die gesteigerte Aufmerksamkeit folgt meist noch ein warmer Geldregen, den vor allem vergleichsweise klamme Kandidaten wie Huckabee und Edwards dringend benötigen. Sowohl Clinton als auch Obama hatten kurz vor der Wahl bekannt gegeben, über 100 Millionen Dollar an Spenden eingesammelt zu haben - und gelten damit für den noch Wochen währenden Vorwahlkampf als finanziell bestens ausgestattet.
Obgleich in der Nacht zu Freitag beide Parteien eine Rekordwahlbeteiligung meldeten, mit 220.000 Demokraten und 114.000 republikanisch Wählenden deutlich mehr als noch 2004, stellen diese Wählenden nur einen kleinen Teil der drei-Millionen-Bevölkerung Iowas dar. Die Bedeutung des Ergebnisses in dem kleinen Agrarstaat, doppelt so groß wie das Saarland, ist dennoch psychologisch und medial groß. Von ihm gehe eine Signalwirkung aus, so US-Kommentatoren, dass in diesem Wahlkampf die Außenseiter eine reale Chance haben.
"Sie haben gesagt, dass dieses Land zu zerstritten ist, zu desillusioniert, um jemals zu einem gemeinsamen Ziel zusammenzufinden," sagte der schwarze Demokrat Obama nach seinem Wahlsieg. Doch die Wählenden in Iowa hätten es den Zweiflern und Zynikern gezeigt. Der Sohn eines Kenianers und einer weißen US-Bürgerin hat als erster Afroamerikaner in der Geschichte Iowas einen Wahlsieg errungen, einem Bundesstaat, in dem weniger als drei Prozent der Bevölkerung Schwarze sind. Obama äußerte sich zuversichtlich, als erster schwarzer Präsident ins Weiße Haus einziehen zu können. "Die Zeit ist gekommen", sagte er unter Jubel- und Oh-ba-ma-Rufen in Des Moines. "Jetzt wird der Wandel in Amerika kommen."
Obamas Sieg setzt vor allem seine Senats-Kollegin Hillary Clinton gehörig unter Druck. Ihr bleiben nur fünf Tage bis zur nächsten Vorwahl am Dienstag in New Hampshire, um ihre Strategie den neuen Machtverhältnissen anzupassen. Umfragen zu Folge hatte Clinton noch im Oktober als sichere Kandidatin der Demokraten gegolten. "Wir haben immer gesagt, das unser Wahlkampf auf das ganze Land ausgerichtet ist", erklärte eine sichtlich verhaltene Clinton ihren Fans. In landesweiten Umfragen führt Hillary Clinton weiterhin, dennoch versicherte sie ihrern Anhängern, dass sie weiterkämpfen werde. "Ich bin absolute bereit für das Ringen ums Weiße Haus." Weiter sagte sie: "Dies ist eine große Nacht für die Demokraten." Das Ergebnis zeige, "dass Amerika für den Wandel bereit ist".
Der Wahlausgang zwang die ersten Anwärter ihre Konsequenzen zu ziehen: Die demokratischen Senatoren Christopher Dodd und Joseph Biden erklärten nach ihren nur einstelligen Ergebnissen aus dem Rennen um den Sessel im Oval Office aussteigen zu wollen.
Es wird erwartet, dass erst am 5. Februar ein deutlicher Sieger unter den Präsidentschafts-Anwärtern feststehen wird. An diesem "Tsunami-Dienstag" wählen Parteianhänger in 22 Bundesstaaten - mehr als je zuvor in der US-Geschichte - darunter in den wichtigen Bundesstaaten Kalifornien und New York.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen