Aufstand in Syrien: Opposition empfängt Beobachter
Beobachter der Arabischen Liga sind in der Oppositionshochburg Homs eingetroffen. 70.000 Menschen sollen währenddessen gegen das Regime demonstriert haben.
DAMASKUS/BEIRUT/BERLIN afp/dapd/dpa/taz | Syrische Oppositionelle in Homs haben am Dienstag eine Beobachtergruppe der Arabischen Liga mit einer Demonstration empfangen. Zur Begrüßung strömten viele Menschen aus ihren Häusern und forderten den Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
Wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, sollen mehr als 70.000 Menschen versucht haben, auf den zentralen El-Saa-Platz der Stadt zu gelangen. Sicherheitskräfte hätten Tränengas gegen die friedlichen Demonstranten eingesetzt, um die Menge zu zerstreuen. Bei Angriffen der Sicherheitskräfte auf die Oppositionshochburg Homs und Orte der Umgebung waren am Montag nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 30 Personen getötet worden.
Vor dem Eintreffen der 50 Beobachter stellten die syrischen Regierungstruppen offenbar ihre Angriffe auf Homs weitgehend ein. Der Granatenbeschuss habe am Morgen aufgehört und Panzer wären abgezogen worden, sagte der Oppositionelle Mohammed Saleh. "Heute ist es ruhig, im Gegensatz zu den vorherigen Tagen." Ein weiterer Aktivist berichtete, gepanzerte Fahrzeuge hätten Homs in Richtung Palmyra verlassen.
Demgegenüber meldete die in London ansässige Menschenrechtsorganisation Syrian Observatory for Human Rights, einige Fahrzeuge der Streitkräfte seien lediglich in Kasernen verlegt worden, "von wo sie innerhalb von fünf Minuten wieder eingesetzt werden können". Aktivisten wiesen zudem darauf hin, dass bereits wiederholt Panzer aus Protesthochburgen wie Daraa oder Hama zurückgezogen worden waren und später erneut auftauchten, wenn die Massenproteste wieder auflebten.
Behörden seien "sehr kooperativ"
Die internationale Beobachtergruppe wurde am Dienstag in Homs von Gouverneur Ghassan Abdel Al empfangen. Der Leiter der Mission der Arabischen Liga, der sudanesische General Mohammed Ahmed Mustafa al-Dabi, bescheinigte den syrischen Behörden, sie seien "sehr kooperativ". Wie ein Beamter vor Ort berichtete, hätten die Beobachter danach die Stadtteile Baba Amr und Inschaat besucht. Dort war es in den vergangenen Tagen zu besonders schweren Zusammenstößen gekommen. Anschließend wollte die Gruppe auch nach Hama und Idlib reisen, wo es ebenfalls immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt.
Die Zahl der Beobachter soll in den kommenden Tagen auf bis zu 200 aufgestockt werden. Bis Monatsende sollen alle Beobachter in Syrien eingetroffen sein. Sie sind Teil eines Plans des Staatenbundes, um die politische Krise in Syrien zu beenden. Damaskus hatte dem Plan Anfang November nach langem Zögern zugestimmt. Er sieht neben der Beobachtermission ein Ende der Gewalt gegen Zivilisten, einen Rückzug der Armee und der schweren Waffen aus syrischen Städten sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen vor. Außerdem ist ein Dialog zwischen Regierung und Opposition vorgesehen. Menschenrechtsgruppen und Journalisten sollten ferner wieder nach Syrien einreisen dürfen.
Nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana töteten syrische Sicherheitskräfte an der Grenze zur Türkei mehrere Männer einer "bewaffneten terroristischen Gruppe", die versucht habe, vom Nachbarland aus nach Syrien einzudringen. Im Süden der Türkei halten sich zahlreiche syrische Deserteure auf, die sich zur "Freien Syrischen Armee" zusammengeschlossen haben.
Die Zahl der Deserteure, vornehmlich aus den niedrigen Rängen der Armee, hat Berichten zufolge in den vergangenen Wochen ebenso zugenommen wie die der Angriffe auf die Regimekräfte. Auch in Homs bekämpfen offenbar bewaffnete Gruppen die Soldaten. "Die Gewalt kommt definitiv von beiden Seiten", sagte ein Einwohner der Stadt der britischen BBC. "Ich habe in den vergangenen Tagen Krankenwagen mit verletzten Soldaten gesehen, die vor meinem Fenster entlanggefahren sind. Irgendwie werden sie von Schüssen getroffen."
Die Proteste in Syrien hatten im März zunächst friedlich begonnen. Bei der Niederschlagung der Revolte sind nach UN-Schätzungen bislang mehr als 5.000 Menschen getötet worden. Die Regierung in Damaskus spricht von 2.000 getöteten Sicherheitskräften.
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