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Aufstand in LibyenGaddafis schwarze Legionäre

In Libyen sollen Kämpfer aus Afrika im Einsatz sein. Tatsächlich stehen viele afrikanische Regierungen und Rebellen in Muammar al-Gaddafis Schuld.

Ein vermeintlicher Söldner im Leichenhaus des Krankenhauses in Bengasi. Bild: dapd

BERLIN taz | Auf Videos betteln sie verängstigt um ihr Leben, liegen im Todeskampf auf der Straße oder werden als Leichen auf der Motorhaube eines Geländewagens durch die Stadt gefahren: Schwarzafrikaner, die als mutmaßliche Söldner des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi von der bewaffneten Opposition gefangen genommen worden sind. In Berichten libyscher Flüchtlinge heißt es immer wieder, die Afrikaner würden besonders brutal gegen Zivilisten vorgehen und besonders wahllos das Feuer eröffnen.

Die Ausländer gelten als Gaddafis letztes Aufgebot und als Beweis seiner extremen Gewaltbereitschaft gegen die eigene Bevölkerung. Zu Beginn des Aufstands in vier Flugzeugen aus Benin in Bengasi gelandet, bekämen die afrikanischen Söldner eine Kopfprämie von 10.000 Dollar pro erschossenen Demonstranten, behauptet die italienische Zeitung Repubblica.

Die libysche Exilorganisation Human Rights Solidarity schätzt die Zahl der ausländischen Kämpfer in Libyen gar auf 30.000. Diese Zahl dürfte übertrieben sein, aber zahlreiche Berichte bestätigen, dass Gaddafis Garde Kämpfer enthält, die offensichtlich keine Araber sind. In Guinea meldete am Donnerstag die Zeitung Le Jour, Gaddafi habe nach dem Sturz des Diktators Ben Ali in Tunesien am 14. Januar Guinea, Burkina Faso, Angola, den Sudan, den Tschad und die Zentralafrikanischen Republik um Militärhilfe gebeten. Alle hätten zugesagt. Mehrere hundert guineische Soldaten seien seit Anfang Februar auf der südlibyschen Militärbasis Sabha stationiert und kämen nun zum Einsatz.

Zuvor hatte Gaddafi Alpha Condé, der 2010 als erster gewählter Präsident Guineas sein Amt antrat, 25 Millionen Dollar Schulden erlassen und große Bauprojekte zugesagt. Condé äußerte am Wochenende bei einem Besuch in Senegal sein "Erstaunen" darüber, dass die "revolutionäre Bastion" Libyen jetzt "angegriffen" werde.

Ein von libyschen Oppositionellen verbreitetes Video zeigt einen angeblichen Söldner aus Mali, der sagt, er sei am 16. Februar mit knapp 50 weiteren Männern in eine Kaserne im Osten des Landes gebracht und bewaffnet worden sein. Er lebe allerdings bereits seit den Achtzigerjahren in Libyen. In der von der Opposition kontrollierten Stadt Bengasi wurden der Nachrichtenagentur Reuters zufolge 36 aus dem Tschad, dem Niger und dem Sudan stammende Söldner verhaftet.

Tschads Präsident Idriss Déby, der 1990 mit Gaddafis Unterstützung an die Macht kam, soll 1.000 Mann nach Libyen geschickt haben, berichtet die tschadische Webseite tchadactuel. Sudans Regierung sagt, Rebellenkämpfer der JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) aus Darfur kämpften in Libyen; was die JEM aber bestreitet. Tuareg-Kämpfer aus Mali sollen per Sonderflug in Libyen gelandet sein, berichten malische Medien.

Gaddafi betrachtet sich als Vorreiter der afrikanischen Einheit. Er war die treibende Kraft hinter der 1999 gegründeten Afrikanischen Union (AU). Vor zwanzig Jahren unterstützte er Rebellen in ganz Westafrika und der Sahelzone, denen er über die Regierungen des Sudan und Burkina Fasos Hilfe zukommen ließ und Militärtraining anbot.

Vom Liberianer Charles Taylor bis zum Kongolesen Jean-Pierre Bemba - beide heute in Den Haag inhaftiert - reicht die Liste afrikanischer Guerillachefs, die zeitweise von Gaddafi ausgehalten wurden. Seit der Gründung der AU stützt Gaddafi in Afrika eher Präsidenten, und von Senegal bis Simbabwe stehen zahlreiche amtierende Staatschefs in der Schuld des Libyers.

Aber manche Rebellen protegiert Gaddafi bis heute: Tuareg-Führer Ibrahim Ag Bahanga aus Mali lebt ebenso in Libyen wie JEM-Führer Khalil Ibrahim aus Darfur. Gaddafi hat auch Millionen afrikanische Migranten ins Land gelassen und benutzt ihren Wunsch, nach Europa weiterzureisen, als Druckmittel gegenüber der EU.

All dies aber nährt auch die Gefahr, dass die rund 1,5 Millionen in Libyen lebenden afrikanischen Migranten - rund ein Viertel der Bevölkerung - zum Ziel von Regimegegnern werden. In Telefonaten mit Kontakten außerhalb Libyens haben manche Migranten die Angst vor einer kollektiven Verfolgung geäußert.

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13 Kommentare

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  • E
    @egon

    mensch, egon. was du nicht sagst! es gibt also keine gelbasiaten, und auch keine roten indianer. bloß schwarzafrikaner - deine begründungen sind wirklich drollig. wer hat denn das festgelegt, was du da behauptest? naaaa? ja, bingo, 100 punkte: die weißen herrscher, zu denen du dich offenkundig auch zählen darfst! so, und was sagt uns das jetzt in der bewertung und einordnung von begriffen wie "schwarzafrikaner"? ist doch mal ne schöne denkaufgabe.

  • E
    Egon

    Hier noch ein guter alter Bericht

    http://www.gfbv.it/3dossier/me/libyen.html

  • E
    Egon

    @Spring Gombe

    Es gibt keine Gelbasiaten(Es sei denn, es hat Gelbsucht) deswegen wird der Begriff nie erwähnt, genauso wenig gibt einen roten Indianer(Es sei denn, es hat schwerste Verbrennungen überall am Körper).Die Hautfarbe schwankt dort von hellhäutig bis dunkelbraun.

    Nur die Schwarzafrikaner sind wirklich Afrikaner, Araber nicht.

  • DP
    Daniel Preissler

    @spring gombe

    Sie haben mit fast allem Recht, was Sie schreiben - nur dass der Autor das alles längst weiß!

    Unrecht haben Sie nur bei Ihrer Einleitung: Charakterisierungen von (Schwarz-) Afrikanern oder irgenwelcher anderer Gruppen finden sich in dem Text überhaupt nicht.

    Herr Johnson ist für Ihre sonst oftmals richtigen Vorwürfe einfach der falsche Adressat.

    Freundliche Grüße,

    DP

  • SG
    Spring Gombe

    @auweia

    @richterlich

    @chris

     

    mir zumindest geht es nicht um 'political correctness', bin nämlich eine dies 'schwarzafrikanerinnen' die sich von solche charactisierungen doch diffamiert fühlt.

     

    Und es geht meine andere freunden aus verschiedenste Afrikanische länder auch so. Vielleicht soll uns jemand ab und zu nach unsere meinungen fragen...es ist auch nicht so dass ich/wir mir nur über diese ausserungen ärgere. wir leben tagtäglich mit die konsequenzen von solche 'unafmerksamkeit' und ungenauigkeit - odr vielleciht konnt ihr uns besser erklären warum zB kinder angst von uns haben?

     

    es ist mir ganz klar dass jede menge menschenrechte verletzt werden, in (fast alle - UDHR) und um libyen, auf der europaische boulevard sind die in libyen sind niedergeschlagene 'freedom fighters' an die grenze zur europa ' economic asylum seekers' (verletzung von vor allem vor allem Artikel 14 udhr) - eine super beschreibung die menschenrechts verletzungen auch untergräbt - und genau deswegen ist es wichtig.

     

    Es ist doch so dass die einfache umgang mit die probleme in verschiedenste afrkanische länder zu sogenante 'donor fatigue' und die 'fortress europe' mentalität geführt hat.

     

    Deusche werden nie für die probleme Rumaniens verantwortlich gemacht, aber genau dass ist erwartert von jeder Afrikaner. Ich kann nicht zählen wieviel mal ich von gutmeinende leute gefragt bin warum zB Nigeria zB so korrupt ist. Ich komme aus Kenia, war noch nie in Nigeria, wie soll ich zum kuckuck dass wissen? oder warum ? afrika nicht in die lage ist sich zu regieren?

     

    diese allgemeine stigmatisierung oder uns zu die 'borg'(see star trek) zu machen von leute nur weil wir schwarze haut haben ist ungerecht, aber wenn wir klagen, oder auch nur korrigieren, kommen wir nicht durch. wenn wir sagen dass zB Kenia 42 verschiedene sprache hat, dan wird trotzdem erzählt dass Kenia 42 dialekten hat, zum vergleich dass retrorumansch ein dialekt von Deutsch ist. egal was wir sagen, wird es nicht gehört - wir sind alle gleich und wir durfen nicht sagen das es nicht so ist, das es anders zu interpretieren ist, etc... und auch wenn araber das auch machen macht es das nicht recht. wenn wir schon bei gaddafi und 'mercenaries' sind, sollen wir von die Ukrainern nicht reden? er hat sich schlicht und einfach menschen die für geld toten um sich gesammelt. sollen wir auch uns nicht fragen was von leute aus woanders in Afrika die lange in lager in die Wuste sassen, geworden ist? wäre das nicht eine sachreicher und von daher auch tiefer und hilfreicher umgang mit gaddafi's strategy? es ist eindeuting dass die subtext mit die bilder und 'schwarzafrikaner' sind das es um 'here come the savages' ging. traurig aber wahr.

     

    dass ich mich zu diese ungerechtigkeit aussere heisst längst nicht dass ich mich über die behandlung von die Libyerrinnen nicht ärgere. Universal, inalieable, indivisible...bin auch überhaupt nicht weltfremd.

     

    Entschuldige im voraus für mein Deutsch, ist noch nicht stilsicher. Schämen von meine Ausserungen dagegen tue ich überhaupt nicht.

  • A
    Auweia

    Offenbar haben manche Kommentatoren (Entschuldigung, natürlich KommentatorINNEN) keine andere Sorge, als die sogenannte "political correctness".

    Das stelle ich mir angenehm vor ;)

  • DP
    Daniel Preissler

    Zum Verständnis:

    Es gibt verschiedene Afrikabegriffe, beispielsweise einen weiteren (Kontinent plus Madagaskar) und einen engeren, der kulturelle, ethnische und weitere geographische Einteilungen miteinbezieht. Dieser engere Afrikabegriff hat seine Berechtigung, kann jedoch durch den Begriff "Schwarzafrika" präzisiert werden. Demgegenüber steht Weißafrika, besser bekannt als Maghreb und Maschrek, die Grenze bildet die Sahara (mit Mauretanien, Mali und Sudan als Ländern, die Anteile von beiden Regionen haben).

    Ägypten findet man z.B. auch hier bei der taz unter "Naher Osten" und niemand stört sich daran, obwohl es fast komplett auf dem afrikanischen Kontinent liegt. Kulturelle oder Einteilungen sind für uns ebenso entscheidend wie geographische (siehe "Lateinamerika"). Israel und die Türkei gehören sogar dem europäischen Fußballverband an.

    Kaum jemand denkt an Tunesien, wenn er hört, dass von Afrikanern die Rede ist. Das wäre in gewisser Weise sogar falsch, man spricht hier von Nordafrikanern, Maghrebinern...

    In Europa ist diese Unterteilung ziemlich sinnlos, da in allen europäischen Ländern in überwältigendem Maße Weiße beheimatet sind.

     

    Die "Kämpfer aus Afrika" waren mir jedoch auch aufgefallen. Es ist klar, was damit gemeint ist, "Kämpfer aus Schwarzafrika" wäre hier jedoch richtiger gewesen, auch wenn wohl niemand gedacht hat, dass von Marokkanern die Rede ist. Es ist also eine minimale Ungenauigkeit, kein Problem für uns Leser.

    Grüße, Daniel

  • C
    Chris

    @Spring Gombe

    @Cimón

     

    Das haben Sie schon richtig erkannt: hier geht es um Rassismus.

    Nur geht dieser nicht von der Presse aus, diese berichtet nur darüber. (gut so!)

    Das sich die Araber und die "nicht-Araber" in Afrika "unterscheiden" und das dies zu Spannungen führt ist Fakt.

     

    Wenn sie eine Welt ohne Rassismus wollen, gehen sie in den Keller, schließen sich ein und schlucken den Schlüssel.

  • R
    Richterlich

    Wenn man diese Kommentare liesst, koennte man anfangen zu heulen. Die einzigste Reaktion ist, sich ueber den Begriff "Schwarzafrikaner" aufzuregen. Wie weltfremd seit ihr eigentlich? Schaemt euch was!

  • M
    menschenskind

    ..... und die hautfarbe von leuten, die sich selbst zu arabern zählen gibt's nun wirklich in jedweder couleur (nicht nur in afrika!), und das durchaus auch in einer familie. mir geht dieser eurozentristische blick auf "andere" auch auf den keks.

  • SG
    Spring Gombe

    Ich stimme Cimon vollich zu - was hat ihre hautfarbe überhaupt mit ihre Einsatz zu tun. Sie sind schlicht 'mercenaries'.

    Überlegt euch mal, warum immer 'Schwarzafrikaner' und nie 'Weisseuropaer' oder 'Gelbasiaten' usw? Denkt mal nach was ihr am Vorurteilen da erbreiten und warum das euch nichts ausmacht. Während ihr dabei seid, überlegt mal wie es euch wäre wenn niemand zwischen die politik der Schweiz aus Deutschland oder Italien oder Spanien differenzierte, aber immer sich als politische Expert darstellte.

    Ihr seid nicht die einzige...die SZ, Deutschland Funk, ARD, ZDF usw machen immer das gleiche. Ich erwarte das vielleicht von Bild, aber von seriose Journalisten nicht.

    Schaut mal zur eure ENG bsw FR sprechende Kollegen, niemand redet von Black Africa, und richtig so.

    vielleicht sollt ihr eure standards 'taz.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus ähnlichen Gründen unangemessene Beiträge nicht zu publizieren.? auch zur eire Redaaktion erweitern?

  • B
    Bernd

    Wundert man sich da noch darüber, dass die EU schon jetzt über EUROGENDFOR nationalfremde Truppen im jeweiligen Land zur Aufstandsbekämpfung einsetzen darf? Oder darüber, dass Guttenberg die Armee für fremde Nationalitäten öffnen will?

     

    Ist schon lästig, wenn die Bürger in Uniform nicht hart genug gegen ihre Mitbürger vorgehen wollen.

     

    Der Lissabon-Vertrag hält da noch einige Überraschungen bereit.

  • C
    Cimón

    Liebe taz, lieber Herr Johnson,

     

    leider verstehe ich den Begriff "[...] Schwarzafrikaner [...]" nicht, weiter weiß ich nicht, wie Menschen "[...] offensichtlich keine Araber [...]" sein können - vielleicht ließen sich derlei Formulierungen im nächsten Artikel in einem Nebensatz erklären oder ggf. vermeiden?

    Noch eine Anmerkung: Wenn "n Libyen [...] Kämpfer aus Afrika im Einsatz sein" sollen, dann ist das doch ziemlich einleuchtend, weil Libyen territorial auf dem afrikanischen Kontinent zu verorten ist, oder sehe ich das falsch?

     

    Ich danke trotzdem für die Informationen.

     

    Mit freundlichen Grüßen