Aufschwung in Afrika: Löwenstaaten auf dem Sprung
Der IWF prognostiziert hohe Wachstumsraten für Afrika südlich der Sahara. Ein wichtiger Grund sei, dass sich Afrika von Europa abgewendet habe.
BERLIN taz | Afrika erlebt eine goldene Ära. Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) in seiner am Mittwoch vorgelegten Jahresprognose für Afrika südlich der Sahara darlegt, wird im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent in der Region gerechnet, gefolgt von 5,8 Prozent im Jahr 2012. Damit liegt Afrika kontinuierlich deutlich über dem Rest der Welt. "Alles deutet darauf hin, dass viele Volkswirtschaften der Region derzeit mit oder nahe ihren seit Jahren höchsten Raten wachsen", schlussfolgert der IWF zufrieden.
Ghana, der neueste Ölförderer Afrikas, liegt im laufenden Jahr mit einem Wachstum von 13,5 Prozent an der Spitze; sein Bruttoinlandsprodukt dürfte im Zeitraum 2010 bis 2012 um über 30 Prozent zulegen. Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, liegt schon seit Jahren konstant bei Wachstumsraten von über 6 Prozent. Afrikas mit Abstand größte Volkswirtschaft Südafrika ist hingegen ein Sorgenkind, mit nur 3,4 Prozent dieses Jahr und 3,6 im nächsten. Ohne Südafrika soll Afrika südlich der Sahara im Jahr 2012 sogar um 6,8 Prozent wachsen.
Die Zahlen des IWF belegen, was der Augenschein schon seit Jahren beweist: Afrikas Megastädte boomen; es hat sich eine kapitalkräftige, konsumorientierte und extrem globalisierte Ober- und Mittelschicht herausgebildet, die größer ist als die Indiens. Die afrikanischen "Löwenstaaten", wie sie inzwischen in Parallele zu den asiatischen "Tigerstaaten" genannt werden, lösen sich immer mehr vom in Europa bis heute vorherrschenden Bild von Afrika als Elendskontinent, der nur durch fremde Hilfe vorankommt. Gegenüber den 1990er Jahren hat sich die Wachstumsrate Afrikas insgesamt mehr als verdoppelt.
Die Armut bleibt hartnäckig
Vor allem der Binnenkonsum sowie der Handel mit Asien treibt Afrika heute voran. Seit zwanzig Jahren wachsen Afrikas Exporte in die Industrienationen nur noch halb so schnell wie die in andere Länder. 2010 fand nur noch die Hälfte des afrikanischen Handels mit Europa und Nordamerika statt, nicht mehr 80 Prozent wie einige Jahrzehnte zuvor.
Chinas Anteil war demgegenüber auf 20 Prozent gestiegen, gefolgt von Indien (6 Prozent), Brasilien (3 Prozent) und der "Fünfergruppe" aus Indonesien, Malaysia, Thailand, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit insgesamt 5 Prozent. Es werden auch immer mehr hochwertige Güter aus- und eingeführt, nicht mehr nur afrikanische Rohstoffe und asiatische Billigware. Der Handel innerhalb Afrikas wächst auch stark, mit einem Anteil von inzwischen 14 Prozent am Gesamtaußenhandel.
Der IWF merkt kritisch an, dass die Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Armutsverringerung in Afrika schwächer ist als in anderen Weltregionen. Der Anteil der Menschen in absoluter Armut sei in Afrika südlich der Sahara zwischen 1996 und 2005 nur von 59 auf 51 Prozent zurückgegangen. Dies lasse befürchten, dass das Wachstum nicht allen Bevölkerungsschichten genügend zugutekomme.
Allerdings steigt laut IWF in manchen Ländern wie Ghana oder Tansania der Konsum der ärmeren Bevölkerungsschichten besonders stark und die Zahl der Arbeitsplätze im formellen Sektor wächst schneller als die Volkswirtschaft insgesamt - vor allem in den Großstädten. Hauptgründe für hartnäckige Armut seien hohe Kindersterblichkeit sowie Unterbeschäftigung im ländlichen Bereich. Der IWF rät daher zu verstärkten Investitionen in das Gesundheitswesen sowie in die Produktivität der Landwirtschaft.
Sorgen bereitet dem IWF die Preisentwicklung. Nach Jahren rapide steigender Lebensmittelpreise gibt es in manchen Ländern eine dauerhaft hohe Inflation, bis zu 40 Prozent in Teilen Ostafrikas.
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