Aufschub bei der Bahn: Börsengang fällt vorläufig aus
Die Bundesregierung sagt die geplante Teilprivatisierung bis zur Bundestagswahl ab. Grund sind die schlechten Erlösaussichten an den internationalen Finanzmärkten.
Der umstrittene Börsengang der Bahn findet vorerst nicht statt. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, schloss am Mittwoch einen Börsengang der Bahn noch in der laufenden Legislaturperiode aus. Dadurch habe auch der Streit über Boni für den Bahn-Vorstand keine Grundlage mehr.
"Damit stellt sich die Frage erst dann, wenn es in der neuen Legislaturperiode zu einem Bahn-Börsengang kommt", sagte der Sprecher. Der nächste Bundestag wird Ende September 2009 gewählt. Auf absehbare Zeit sei wegen der schlechten Konjunkturlage kein vernünftiger Erlös der Teilprivatisierung zu erwarten, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Dieser sei aber die Bedingung für den Börsengang.
Die geplante Teilprivatisierung der Bahntochter DB Mobility Logistics, in der der Fern-, Regional- und Güterverkehr sowie die Logistiksparte DB Schenker zusammengefasst sind, war eines der zentralen Projekte der großen Koalition. Für den 27. Oktober 2008 war geplant, bis zu 24,9 Prozent der DB ML an die Börse zu bringen. Dies war im letzten Moment wegen der Krise der Finanzmärkte abgesagt worden, da die erwarteten Verkaufserlöse deutlich unter den Planungen lagen. SPD-Linke, Grüne, Linkspartei, FDP, Gewerkschaften, Umwelt- und Verkehrsverbände hatten die Börsenpläne jahrelang bekämpft, weil sie einen Ausverkauf des bundeseigenen Mobilitätsunternehmens fürchteten - sie können sich nun bestätigt fühlen. Für Bahnchef Hartmut Mehdorn ist die Absage des Börsengangs ein schwerer Rückschlag - hatte er sich doch stets dafür eingesetzt.
Finanzministeriumssprecher Albig verwies am Mittwoch darauf, dass im Bundeshaushalt 2009 keine Mittel aus der geplanten Teilprivatisierung eingeplant seien. Der Ministeriumssprecher machte auch deutlich, dass sich angesichts der ungünstigen Lage an den Finanzmärkten die Frage der umstrittenen Bonus-Regelungen für den Bahnvorstand bei einem Börsengang vorerst nicht stelle. Eine Entscheidung über die Vergütungen werde später neu gefällt.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte sich wie zuvor Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) gegen die umstrittenen Sondervergütungen gewandt. "Wenn es zu einem solchen Börsengang kommt, wird es eine solche Regelung nicht geben", sagte Steinbrück. Der vom Personalausschuss des Aufsichtsrats beschlossene Sonderbonus für den Bahn-Vorstand sei bei der Festlegung der Privatisierungsregelungen "nicht vorgesehen" gewesen.
Auch Verkehrsminister Tiefensee bekräftigte am Mittwoch noch einmal seine Ablehnung solcher Zahlungen. "Sonderboni passen für diesen Börsengang nicht in die Zeit", sagte Tiefensee kurz vor Beginn einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses des Bundestag. Bei der Sitzung sollte Tiefensee dazu befragt werden, wann er genau Kenntnis von diesen Sonderboni erhalten hat.
Die Bahn will aber ab Herbst 2009 einen neuen Anlauf für einen Gang an die Börse machen. "Nach der Bundestagswahl wird sich das Thema erneut stellen", erklärte Bahn-Aufsichtsratschef und Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Mit der dann gewählten Regierung werde der Aufsichtsrat der Bahn in Ruhe reden und für den Börsengang vernünftige Regelungen finden.
Zu der Absage des Börsengangs vor der Bundestagswahl erklärte der Aufsichtsratschef: "Es ist ebenso verständlich wie bedauerlich, dass trotz der guten wirtschaftlichen Ergebnisse der DB AG die Bundesregierung den Börsengang angesichts der Schwäche der Finanzmärkte für diese Legislaturperiode abgesagt hat."
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