Aufrüstung der Bundeswehr: Wohin mit dem Geld?
Von den 130 Milliarden Euro aus dem jüngsten Konkjunkturpaket soll auch die Bundeswehr etwas abkriegen. Was will die Armee kaufen?
Dass mit dem Militärteil des Corona-Konjunkturpakets nun rasch und üppig Waffensysteme wie Kampfjets oder Kriegsschiffe geordert werden, ist unwahrscheinlich. Die Bundeswehr scheint profanere Dinge im Blick zu haben. Eine Sprecherin des Wehrressorts nennt den Kauf von IT-Material für Homeoffice und Konferenztechnik sowie Baumaßnahmen. „Weiter möchten wir unsere Transportflotte – wie Lkws – erneuern, was durch bereits bestehende Rahmenverträge schnell möglich ist“, so die Sprecherin. „Im Kontext von Rüstungsprojekten sind wir in der Klärung, welche Vorhaben schnell einleitbar sind.“
Doch „schnell“ ist hier das Problem. Waffensysteme durchlaufen einen verschachtelten Beschaffungsprozess mit immensem Abstimmungsbedarf innerhalb der Militärbürokratie und der Industrie. Dass für die Aufbereitung zuständige Beschaffungsamt in Koblenz arbeitet generell mit wenig Personal. Die zahlreichen neuen Rüstungsprojekte der letzten Jahre, wie ein neuer deutsch-französischer Kampfpanzer, belasten schon lange den Arbeitsfluss.
Nun sollen aber rasch Vorhaben ausgewählt und dafür Verträge ausgearbeitet werden. Deshalb gilt: Statt komplexen Geräts wie neuer Kriegsschiffe werden sich eher einfachere Vorhaben umsetzen lassen, etwa neue Tanker für die Marine. Eine weitere Hürde ist die Vorgabe des Konjunkturpakets, nur Gerät „mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil“ zu kaufen. Bei den Kampfbooten, die etwa die Marine kaufen will, gibt es schlicht keine deutschen Anbieter.
Ein Coup beim „Zukunftspaket“
Zudem kosten große Waffensysteme fast immer mehr als 25 Millionen Euro. Dann muss der Haushaltsausschuss gesondert über sie entscheiden. Der tagt in der ersten Juli-Woche letztmalig vor der Sommerpause. Laut dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, dem SPD-Politiker Wolfgang Hellmich, stehen für 2020 rund 30 Projekte auf der Liste dieser sogenannten 25-Millionen-Euro-Vorlagen. Das Verteidigungsministerium hat die Ambition, bis zur Sommerpause noch acht dieser Vorhaben dem Parlament vorzulegen, so ein Sprecher.
Ein kleiner Coup gelang der Bundeswehr jedoch im zweiten Abschnitt des Konjunkturprogramms – dem „Zukunftspaket“. Dort, wo Investitionen langfristig die Innovation steigern sollen, nicht nur die aktuellen Absatzschwäche der Wirtschaft ausgleichen. Hier sicherten sich die Streitkräfte eine halbe Milliarde Euro, um sich ein eigenes Zentrum zur Grundlagenforschung bei Digital-Technologie aufzubauen. Das soll an den beiden Universitäten der Bundeswehr in München und Hamburg angesiedelt werden.
Unter dem unscheinbaren Namen „Flottenerneuerungsprogramm Behördenschiffe“ findet sich zudem Potenzial für die Marine-Rüstung der Bundeswehr. Hierfür sind mit zwei weiteren Förderprogrammen im Marine-Schiffbau 1 Milliarde Euro vorgesehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm