Aufregung um Werkstatt der Kulturen: Kultur statt Multikulti
Die Kulturverwaltung möchte die Werkstatt der Kulturen inhaltlich neu ausrichten – und kündigt dem Träger zum Jahresende. Der Senat dementiert.
Die Werkstatt der Kulturen (WdK) schlägt Alarm: Der Senat habe ihr überraschend im Juni zum Jahresende den Nutzungsvertrag für das Haus in der Neuköllner Wissmannstraße gekündigt. „Warum der Senat ausgerechnet das einzige Mehrspartenhaus für migrantische und postkoloniale Kunst, Kultur, und Aktion in Zeiten von steigendem Rechtspopulismus abschaffen will, bleibt vollkommen unverständlich“, hieß es am Montag in einer Pressemitteilung der WdK. Die Senatsverwaltung für Kultur reagierte Dienstag per Twitter: „Werkstatt d. Kulturen wird es natürlich weiter geben, anderslautende Behauptungen sind falsch.“
Aus der Luft gegriffen sind die Befürchtungen aber nicht. Dirk Bartsch, Sprecher von Kultursenator Klaus Lederer (Linke), bestätigte die Kündigung des Nutzungsvertrags: Man habe kündigen müssen, da die Förderung für die Werkstatt zum Jahresende auslaufe. Man wolle die WdK auch künftig fördern, aber der neue Doppelhaushalt 2018/19, der Mittel vorsehe, müsse noch von Senat und Parlament abgesegnet werden.
Für WdK-Geschäftsführerin Philippa Ebéné ist die Kündigung „gänzlich unnötig“. Das hätte man anders regeln können, sagte sie der taz. Entsprechend skeptisch sieht sie das Bekenntnis zum Erhalt der Einrichtung. Es sei möglich, dass man eine Werkstatt erhalten möchte, „aber vielleicht nicht diese“. Deren Konzept sei unmittelbar mit dem nun gekündigten Träger verbunden.
Tatsächlich will die Kulturverwaltung offenkundig an der inhaltlichen Ausrichtung der WdK drehen. „Wir werden uns mit dem Träger unterhalten, ob eine Neuausrichtung des Programms in Richtung Kunst und Kultur möglich ist“, so Bartsch. Das sei sinnvoll, da mit Rot-Rot-Grün die Zuständigkeit für die Werkstatt von der Senatsverwaltung für Integration zu der für Kultur gewechselt sei. Am späten Dienstagnachmittag sollte dazu ein Gespräch zwischen Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert und Philippa Ebéné stattfinden.
Eine Petition zum Erhalt der Werkstatt verzeichnete binnen einem Tag über 1.600 Unterschriften. Doch die WdK hat auch Kritiker. Das „Netzwerk Neukölln“ etwa unterstellt dem Träger auf Facebook einen gewissen Hang zur Eigenbrötelei, man sei sehr der eigenen Klientel verhaftet. Populäre Neuköllner Ereignisse wie das Ende des Ramadans oder „48 Stunden Neukölln“ kämen im Programm nicht vor.
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