Auflösung von Guantánamo: Symbolträchtige Niederlage
Das Versprechen der Obama-Regierung, Guantánamo auf Kuba bis zum Jahresende aufzulösen, lässt sich wohl nicht einhalten. Noch 225 Gefangene sind dort in Haft.
WASHINGTON taz | US-Präsident Barack Obama kommt angesichts ungelöster Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo in Zeitnot. Am Wochenende erklärten zwei Mitarbeiter dem Fernsehsender CNN, dass der anberaumte Schließungstermin zum 1. Januar 2010 nicht eingehalten werden könne. Erstens müssten neue Verfahrensregeln für Militärtribunale umgesetzt werden, zweitens müsste als Ersatz ein Hochsicherheitsgefängnis in den USA gefunden und drittens über das Schicksal jedes der noch 225 Gefangenen individuell befunden werden.
Am Freitag war bekannt geworden, dass das Weiße Haus führende Berater in dieser Angelegenheit ausgewechselt hat. Chefberater Gregory Craig sei entlassen worden. Craig, ein Befürworter der Auflösung des Militärgefängnisses, hatte angegeben, sich in einigen Fragen verkalkuliert zu haben.
Das Thema hat für US-Präsident Obama starke symbolische Bedeutung. Eine seiner ersten Amtshandlungen war im Januar gewesen, die Schließung des US-Gefängnisses auf Kuba anzuordnen. Der Militärstützpunkt Guantánamo war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zum Gefängnis ausgebaut worden, um dort "feindliche Kämpfer" außerhalb des Staatsgebietes der USA inhaftieren und von Militärtribunalen verurteilen lassen zu können. Die rechtsstaatlich höchst zweifelhafte Inhaftierung war jedoch international auf heftige Kritik gestoßen.
Acht Jahre nach den Terroranschlägen wurde noch kein einziger der mehreren hundert Gefangenen rechtskräftig verurteilt. Zahlreiche, unter Folter zustande gekommenen Aussagen sind vor Zivilgerichten nicht verwendbar. Zudem protestieren Politiker beider Parteien aus Sicherheitsbedenken gegen die Überstellung der verbliebenen rund 230 Gefangenen in das Staatsgebiet der USA.
Wie das US-Justizministerium am Wochenende bekannt gab, wurden drei weitere Häftlinge aus Guantanámo transferiert: Zwei Insassen wurden nach Irland ausgeflogen, und ein Jemenit wurde den Behörden seines Heimatlandes übergeben. Ein US-Bundesgericht hatte im Mai entschieden, dass der Mann aufgrund mangelnder Beweise aus der Haft entlassen werden müsse.
Auf Bitten der Dubliner Regierung wurde die Identität der beiden nach Irland gebrachten Häftlinge nicht bekannt gemacht. Seit 2002 sind nach US-Angaben mehr als 550 Häftlinge aus Guantánamo in andere Länder gebracht worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Berliner Kurator verurteilt
Er verbreitete Hass-Collagen nach dem 7. Oktober
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will