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Aufklärung im KongoKabilas Mauer des Schweigens

Menschenrechtler werfen der Regierung vor, die Aufklärung der Repression nach dem Wahlsieg des Präsidenten zu behindern. Krankenhäuser dürfen keine Auskunft geben.

Diese Kongolesinnen protestierten direkt nach der Wahl gegen das Ergebnis. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Demokratischen Republik Kongo sind zwar schon mehr als einen Monat her, aber die Unterdrückung von Protesten gegen die offiziellen Wahlergebnisse verschärft sich.

Seit dem 12. Dezember ist es Krankenhausleitern verboten, die Identität von Verwundeten oder Toten mitzuteilen. Ein entsprechendes Rundschreiben von Gesundheitsminister Victor Makwenge Kaput, mit Kopie an Präsident Joseph Kabila, liegt der taz vor.

Eine Verantwortliche einer europäischen Menschenrechtsorganisation wertet diese Knebelung als Maßnahme, um Human Rights Watch daran zu hindern, einen ausführlichen Bericht über die Gewalt im Kongo während und nach den Wahlen fertigzustellen.

In einem Zwischenbericht hatte die Menschenrechtsgruppe am 22. Dezember mindestens 24 Todesopfer der kongolesischen Sicherheitskräfte und die Verhaftung Dutzender Menschen seit dem 9. Dezember festgestellt. Augenzeugenberichte, wonach es in den Leichenhallen der Hauptstadt Kinshasa noch mehr Todesopfer von Gewalt geben soll, lassen sich nicht verifizieren.

Der Kongo sei "ein riesiges Konzentrationslager, in dem Landsleute zu Hunderten hinter einer Mauer des Schweigens kaltblütig ermordet werden", sagt die Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), deren Führer Etienne Tshisekedi sich zum eigentlichen Sieger der Wahlen vom 28. November erklärt hat. Selbst Leichen würden von der Polizei entführt und verschwänden spurlos.

Getötete Aktivisten, frustrierte Oppositionelle

Nach Berichten des UN-finanzierten Radiosenders Radio Okapi fielen in der Nacht zum 24. Dezember Schüsse in Mbuji-Mayi, Hauptstadt der Provinz Kasai-Oriental und Hochburg der UDPS. "Bewaffnete eröffneten das Feuer gegen 1 Uhr morgens im Stadtviertel Bukasa Nkumbikumbi", erklärte Jean Alexis Kasuasua, Präsident der Zivilgesellschaft von Kasai-Oriental. "Sie gingen von Tür zu Tür und suchten Güter und Geld".

Am Vortag soll der UDPS-Sitz in Kinshasa geplündert worden sein. Die Partei macht die Polizei verantwortlich und spricht von einem getöteten Aktivisten. Gewalt geht allerdings auch von frustrierten Oppositionellen aus, vor allem im Ausland.

Kongos Senatspräsident Kengo wa Dondo, eigentlich Oppositionspolitiker und Kandidat bei der Präsidentschaftswahl, wurde am 31. Dezember am Pariser Nordbahnhof bei der Anreise aus Brüssel überfallen. Oppositionelle werfen ihm vor, an Kabilas offizieller Amtseinführung am 20. Dezember teilgenommen zu haben. Kengo, der in der Provinz Equateur die meisten Stimmen holte, soll verletzt worden sein und Zähne verloren haben; er wird im Pariser Krankenhaus Laribiosière behandelt.

Der Streit um die Wahlen dürfte sich fortsetzen, wenn in der nächsten Zeit die Ergebnisse der Parlamentswahl bekannt gegeben werden, die zeitgleich mit der Präsidentschaftswahl am 28. November stattfand.

Nachdem zahlreiche Beobachter massive Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung des Präsidentschaftswahlergebnisses festgestellt hatten, war Wahlkommissionschef Pasteur Daniel Ngoy Mulunda den Kritikern entgegengekommen, indem er die Einbeziehung internationaler Experten für die Parlamentswahlauszählung ankündigte. Aber diese Experten sind immer noch nicht da, während die Wahlkommission munter Teilergebnisse der Parlamentswahl veröffentlicht.

Dabei sind die Grundprobleme nicht gelöst: die mutmaßliche Doppelregistrierung von drei Millionen Stimmen, das Verschwinden der Ergebnisse von über 4.875 Wahlbüros, und die unwahrscheinlich hohen Wahlbeteiligungen von über 97 Prozent in einigen ländlichen Kabila-Hochburgen Katangas.

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3 Kommentare

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  • S
    sonja

    Ich frage mich, was ist das überhaupt für eine Verhältnismäßigkeit in der Berichterstattung? Auf der einen Seite eine unbekannte Anzahl von Toten und Verletzten, systematische Vertuschung der Vorfälle um Widerstand und Proteste, eine unglaubliche Repression seitens der Staatsmacht - auf der anderen Seite eine Schläger-Attacke gegen einen Politiker - (wobei dieser Vorfall noch gar nicht aufgeklärt ist).

    Aber mit diesem Satz:"Gewalt geht allerdings auch von frustrierten Oppositionellen aus, vor allem im Ausland." wird doch diesem an sich unbedeutenden Vorfall eine viel zu große Bedeutung gegeben. Als ob die im Ausland lebende Opposition gewalttätig wäre.

     

    Ob die Franzosen das wohl nötig haben, diesen an sich unbedeutenden Vorfall ein bißchen aufzubauschen?

     

    Aber vielleicht sollte einfach noch hinzugefügt werden, dass die Regierung der DR Kongo eine Staatserfähre daraus gemacht hat, den französischen Botschafter einbestellt, Aufklärung verlangt etc...

  • I
    isomatte

    Sorry, muss ich mich doch glatt entschuldigen, Herr Johnson. Weil ich (ohne näheres Hinsehen) davon ausgegangen bin, dass obiger Artikel von Ihnen stammt. Peinlich, peinlich!

     

    Bitte vielmals um Entschuldigung! Und verspreche, nächstes Mal die Augen besser auf zu machen beim Lesen.

  • I
    isomatte

    Lieber Herr Johnson,

     

    Ein interessanter Artikel, bringt er doch vielleicht ein bißchen Licht ins Dunkel der vielen Gerüchte.

     

    Aber ehrlich, es macht mich doch schmunzeln, dass Sie genau das machen, was die Anhänger Tshisekedis auch der französischen Presse vorwerfen: Über die Aggression gegen Dodo wird groß berichtet, aber kein Wort darüber, dass die vor der US-Botschaft in Kinshasa friedlich demonstrierenden Frauen (Ihr Bild) mit Schlägen vertrieben wurden.

     

    Zu der Attacke gegen den Politiker wäre auch noch zu sagen, dass sein Besuch inoffiziell war, seine Ankunft sollte also nicht allzu bekannt gewesen sein. Er wurde aber von jemanden attakiert, der sehr genau wusste, wo und wann er ankommt. Also sind die Verdächtigungen gegen Tshisekedi-Anhänger gar nicht unbedingt so plausibel, auch wenn die gelegentlich eine gewisse Genugtuung zeigen über den Vorfall. Leider berichten aber auch sie von der Grundüberzeugung aus, dass hier die Schuldigen zu suchen sind, obwohl das gar nicht bewiesen ist.

    Im anderen Fall, was die Gerüchte über Gewalt gegen Oppositionelle betrifft, da muss aber erst gründlich recherchiert werden. (Was ja auch nicht falsch ist). Nur sollte das für beide Seiten gelten.