piwik no script img

Aufenthalt - bis zur Scheidung

■ Zwei „deutschverheirateten“ Männern droht Abschiebung / Sie leben seit 1980 in Bremen

Fünf ganze Jahre muß eine ausländisch-deutsche Ehe halten, und zwar nachprüfbar am Tisch und im Bett, dann bekommt es die ausländische PartnerIn schwarz auf weiß: Ihr Aufenthalt in der Bundesrepublik ist voll „berechtigt“. Geht die Ehe jedoch schon vorher in die Brüche oder finden Mitarbeiter der Innenbehörde bei ihren überraschenden Hausbesuchen heraus, daß das Paar getrennt lebt, dann sehen die Bremer Behörden nicht ein, was diese Spezies der „Deutschverheirateten“ noch länger in der Bundesrepublik zu suchen hat. Die Behörden verfügen die Abschiebung - ohne Rücksicht auf Kinder aus dieser Ehe, auf Arbeitsplätze, auf Freundschaften und Zukunftspläne.

Die beiden türkischen Arbeiter

Tokay Emin und Süleyman Ekmen sind derzeit akut von dieser Heiratsregelung des Innensenators betroffen. Beide Männer leben seit 1980 in Bremen, also seit neun Jahren. Beide haben feste Arbeitsverträge. Für beide hat der Bremer Rechtsanwalt Volkert Ohm alle rechtlichen Möglichkeit „ausgereizt“. Was bleibt, ist der Petitionsausschuß der Stadtbürgerschaft. Der wird am 19. September über Süleyman Ekmen's Zukunft entscheiden. Fällt das Votum des Petitionsausschusses negativ aus, muß Süleyman Ekmen binnen 14 Tagen die Bundesrepublik und auch sein kleines Kind verlassen.

Tokay Emin's Galgenfrist währt noch etwas länger, aber auch er wäre schon längst abgeschoben, wenn nicht die Entscheidung des Petitionsausschus

ses noch ausstünde. Der sich stets als „liberal“ gerierende Senator des Innneren hatte den Widerspruchsbescheid mit den Worten abgelehnt: „Dem Widerspruchsführer ist zu entgegnen, daß er im Alter von 25 Jahren in die Bundesrepublik einreiste. Damit wird deutlich, daß er seine Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung in seinem Heimatland erfahren hat. Insoweit kann ihm auch nach einem 8jährigen Aufenthalt durchaus zugemutet werden, wieder in sein Heimatland zurückzukehren und sich dort eine neue Existenz aufzubauen.“ Die vierte Kammer des Verwaltungsgerichts, besetzt mit den nicht unbedingt konservativ zu nennenden Richtern Kliese, Alexy und Strauch, hatte diese Entscheidung abgesegnet ohne eine mündliche Verhandlung für nötig zu

halten.

Falls sich auch der Petitionsausschuß nicht ihrer erbarmt, können sich die von Abschiebung bedrohten Ex -„Deutschverheirateten“ allerdings überlegen, ob sie nicht noch schnell eine neue „Deutschverheiratung“ wagen: Rechtsanwalt Volkert Ohm: „Die Ausländerbehörde und der Innensenator betreiben ein Ehevermittlungsinstitut. Sie treiben die Leute nur in überstürzte neue Ehen hinein.“

Der Anwalt konnte sich jedoch auch noch an einen Fall erinnern, in dem die Behörden Gnade hatten walten lassen: Obwohl die Ehefrau eines „deutschverheirateten“ Mandanten bei einem Verkehrsunfall gestorben war, hatte der Mann in Bremen bleiben dürfen.

Barbara Debus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen