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Auf verlorenem PostenAllein im Bundestag

Hönicke tritt in einem klassischen Linke-Wahlkreis an Foto: Susie Knoll

BERLIN-LICHTENBERG Kevin Hönicke will der erste Kevin im Parlament werden

Kevin Hönicke, 33, SPD-Direktkandidat im Berliner Ostbezirk Lichtenberg, ist einer von nebenan. „Die Kfz-Butze, wo ich angefangen hab, gibt’s nicht mehr“, sagt er. Die Leonardo-da-Vinci-Schule in Hellersdorf, auf der Hönicke sein Abi nachgeholt hat, „die gibt’s auch nicht mehr“. Und einen wie ihn, der damit wirbt, als erster Kevin in den Bundestag einziehen zu wollen, den gibt’s irgendwie auch nicht mehr.

Wenn der Mathe- und Physiklehrer spricht, klingt das nicht nach jener akademischen Ausbildung, die er durch ein paar glückliche Zufälle durchlaufen hat. Er spricht noch wie früher. „Ich wusste nicht, was Lernen ist“, sagt er über seine Schulzeit. Eine höhere Laufbahn war nicht vorgesehen – Hauptsache an einen Job kommen. Videothekar, Zeitungsausträger oder Kfz-Mechaniker, zählt Hönicke auf – nicht eben der klassische Weg in den Bundestag.

Aber wie hätte er diesen finden können? „Ich komme nicht aus einem Haushalt, wo krass politisch diskutiert wurde“, sagt Hönicke. Eine alleinerziehende Mutter, Pflegerin im Hauptberuf, zwei Brüder, Berlin-Hellersdorf, Plattenbau – dazu sein Name: Kevin. Kevin verbindet man im besten Fall mit dem Filmklassiker „Kevin – Allein zu Haus“. Und im Normalfall mit Personen, die in eher armen Milieus auf- und diesen allzu oft nicht entwachsen.

„Es werden viele Namenswitze über mich gemacht, Hartz-IV-Witze auch“, sagt Hönicke, „im Wahlkampf bin ich auch schon gefragt worden, warum ich meinen Vornamen noch nicht geändert habe“. Er macht das Spielchen gerne mit und vermarket schon längst das Kevinsein politisch.

„Der Bundestag braucht einen Kevin“, forderte er bei seiner Bewerbungsrede für die Landesliste der Berliner SPD. Es war eine flammende Rede, in der er erklärte, wie der Name Kevin gedeutet werde, welche Ungerechtigkeiten im Land herrschten für Menschen, die als Kevin geboren werden – und warum man es dennoch schaffen könne. Kevin Hönicke erzählte seine Geschichte des Aufstiegs. Vom zweiten Bildungsweg, auf den ihn seine Berufsschullehrerin aufmerksam gemacht hatte. Vom Abitur, vom Studium, vom Staatsexamen mit der Note 1,0.

Es sei ein harter Weg gewesen, ein Aufstieg in eine Welt, die eigentlich keine Kevinwelt ist. Jetzt will er beginnen, diese zu verändern, zuerst in Lichtenberg. Schulen digitalisieren, alleinerziehende Mütter stärken, gute Wohnkonzepte entwickeln. Er geht die Sache topmotiviert an. „Verlieren kann ick eh nicht“, sagt Kevin Hönicke. Man glaubt es ihm sofort. David Joram

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