Auf bekannten Pfaden

Zum elften Mal veranstaltet der Schlachthof sein Jugendtheater-Festival „Explosive!“ – mit wenig Entdeckerdrang

Sogar in Bühnenfachzeitschriften hat es der Schlachthof geschafft: Stolz verweist Barbara Hirsch, Leiterin des Internationalen Jugendtheaterfestivals „Explosive!“, aufs American Theatre Magazine. Dessen September-Ausgabe widmet dem Event tatsächlich stolze 22 Zeilen. Okay, das ist nicht viel. Aber: Wann fänden Bremer Kulturveranstaltungen mehr weltweite Beachtung?

Viel übers Renommee des Festivals verrät auch Regina Heilmanns Bericht: Die Regisseurin und ihre in Sydney beheimatete Gruppe „Pact“ hätten sich schon vor drei Jahren um eine Teilnahme bemüht – erfolglos. Das damalige Stück sei wohl „zu Australien-spezifisch und textlastig“ gewesen. Daraufhin habe das Ensemble ein neues entwickelt, ohne Dialoge, sich erneut beworben – und eine Einladung bekommen. Am 13. September ist „The Speech Givers“ in der Kesselhalle zu sehen. Weitere Auftritte in Europa sind nicht geplant. Die Reise von Sydney nach Bremen dauert rund 30 Stunden.

Sieben Spieltage, sieben Produktionen – bei über 100 Bewerbungen erfordert das eine strenge Auswahl. Sprich: nachvollziehbare Kriterien. Wie die lauten, lässt sich aus der Programmgestaltung allerdings nicht erahnen: Auf einen roten Faden hat man verzichtet. Das muss kein Nachteil sein, denn schließlich, so Kultursenator Jens Böhrnsen im Grußwort, soll hier Theater gespielt werden, „das bekannte Pfade verlässt“. Bloß: So ganz scheint auch das nicht zu stimmen. Denn bis auf exotische Highlights – Australien und, zur Eröffnung, Südamerika – vertraut man ganz auf Gäste aus Benelux und Nordrhein-Westfalen.

Sicher sind das jeweils Ensembles mit ordentlichem Anspruch. Aber der Verdacht bleibt, dass die Möglichkeit einer strategischen Partnerschaft für die Auswahl wichtiger war als die Suche nach dramaturgischer Vielfalt oder die Lust an Entdeckungen. So vertritt Regisseur Jeroen Kriek bereits zum vierten Mal die Utrechter Theaterfabrik „Growing Up in Public“, seine Textcollage zum Hamlet-Thema ist schon die zweite Koproduktion mit der Schlachthof-Theaterwerkstatt – Altbewährtes eben. Gewonnene Reputation kann man so ganz schnell verspielen.

bes

Eröffnung heute, 20 Uhr. Infos: www.explosive-info.de