„die seiltänzerin“ im moks : Auf Zehenspitzen ins Jenseits
Der Tod ist ein gutes Thema, auch für TheatergängerInnen ab fünf. Wer gerade begreift, wie vielfältig Leben ist, interessiert sich ebenso intensiv für dessen Gegenteil. Mike Kennys „Seiltänzerin“, jetzt vom „Moks“ auf die Bühne gebracht, ist eine wunderbare Annäherung an die Abwesenheit einer Großmutter, eine liebevolle, traurige und – keineswegs zuletzt – ziemlich lustige Erzählung über das Sich-Gewöhnen-müssen an die Endlichkeit.
Das Moks setzt seine ZuschauerInnen an eine Zirkusmanege, die sich ohne Weiteres in einen Strand, Bahnhof oder das Häuschen von Opa Stan verwandelt. Der muss seiner Enkelin (Julia Bardosch), wie jeden Sommer zu Besuch, verständlich machen, warum Oma nicht da ist. Wer soll jetzt die Gutenachtgeschichte erzählen? Den Pudding kochen? Die beiden üben sich im Neuerfinden täglicher Rituale ebenso wie im Verstehen der Abwesenheit: „Oma ist zum Zirkus gegangen.“ Die Erklärung des Witwers mutiert von der Ausrede zur sinnstiftenden Metapher – die die Unwiederbringlichkeit des Verlusts poetisch auflädt, ohne ihn zu kaschieren. Martin Leßmann spielt einen unübertrefflich clownesken Opa, ein ebensolcher Genuss ist Jan Fritsch als Musiker, Geräuschemacher und über der Manege thronender Sidekick. Regisseurin Franziska-Theresa Schütz hat ihn freihändig in die literarische Vorlage montiert, was die Produktion vollends zum Glücksfall macht. Henning Bleyl