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Auf Du und Du mit Radio BremenWatschen für Geyer&Co.

■ Sender-Belegschaft empört über Privatisierungsideen

Die Ideen zur Teilprivatisierung von Radio Bremen, die Fernsehchef Rüdiger Hoffmann, Chefredakteur Michael Geyer und Hansawellen-Chef Christian Berg einem Reporter der „Zeit“ in die Feder diktiert haben (s. taz v. gestern), haben für reichlich Aufregung gesorgt. Die Belegschaft sei „wie vor den Kopf geschlagen“ gewesen, hieß es gestern im Sender. Und sie bildet damit eine ungewöhnliche Koalition mit dem CDU-Landesvorsitzenden und Rundfunkratsmitglied Bernd Neumann. Der beschwerte sich in einem öffentlich gemachten Brief an den Radio Bremen-Intendanten Karl-Heinz Klostermeier, solche Pläne seien für die Verhandlungen über die Fortsetzung des ARD-Finanzausgleichs „in hohem Maße kontraproduktiv“. Grünen-Mediensprecher Hermann Kuhn ärgerte sich über den „schlechten Stil“ der Radio Bremen-Oberen, freute sich aber gleichzeitig über den „Beginn einer notwendigen Diskussion“. Ganz wie der SPD-Abgeordnete und stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Horst Isola: Der Sender sei „gut beraten, Überlegungen über seine Zukunft selbst anzustellen und nicht fatalistisch darauf zu warten, daß andere über sein Schicksal bestimmen. 630 Mitarbeiter sind auch zu viel.“

Die Frage nach dem Überleben von Radio Bremen steht ohnehin auf der Tagesordnung. Der ARD-Vorsitzende und MDR-Intendant Reiter hatte nach der letzten ARD-Intendanten-Tagung gesagt, die Sender-Chefs seien sich mehrheitlich einig, den ARD-internen Finanzausgleich nicht über das Jahr 2000 zu verlängern – das Aus für Radio Bremen. Intendant Klostermeier hatte darauf lediglich mit dem Hinweis reagiert, daß über den Finanzausgleich die Bundesländer entschieden.

Bei einer mittäglichen Plauderstunde in der Fernseh-Kantine hatten nun Hoffmann, Geyer und Berg dem „Zeit“-Reporter unter anderem erzählt, sie diskutierten die Überführung des Senders „in ein teilweise privatisiertes Dienstleistungscenter für die ARD.“ Das könne daneben auch zum Beispiel für's ZDF oder für RTL arbeiten.

Personalrat und der Redakteursausschuß haben nun in einer geharnischten Erklärung reagiert. Die Vorschläge seien „töricht und abenteuerlich“ und in der Belegschaft nie „auch nur ansatzweise diskutiert worden“. Die setze auf die „Zusicherung des Intendanten, wonach Outsourcing weder gewollt noch unter finanziellen Gesichtspunkten wünschenswert ist.“ Zudem gab es bei der Redaktionskonferenz von Buten&Binnen heftige Kritik an Geyer.

Geyer selbst hatte in der Abmoderation der Buten&Binnen-Sendung vom Mittwoch sich noch vom „Zeit“-Artikel distanziert. Da stünde, daß es Pläne gebe, Radio Bremen zu privatisieren, das sei „Quatsch“. Das Dementi einer Aussage, die so gar nicht in der „Zeit“ stand. Die hatte ganz korrekt wiedergegeben, daß die Privatisierungspläne unter den drei Interviewten diskutiert würden. Ganz standhaft blieb die „Zeit“ gestern auf Nachfrage auch bei ihrer Darstellung und allen Zitaten. J.G.

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