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Auf Du und Du mit LangzeitarbeitslosigkeitRund-um-Hilfe gefragt

■ Langzeiterwerbslosen gibt das Bremer Förderzentrum „ibs“eine neue Chance

M., 36 Jahre, hat 14 Jahre Berufserfahrung als gelernter Maschinenschlosser und Fachhochschulreife. Er war alkoholkrank und überschuldet, seine Frau hatte gerade die Scheidung eingereicht. B., 27 Jahre, amerikanische Staatsbürgerin, alleinerziehend, hat eine Ausbildung als Industriemechanikerin, aber keine Praxis, W., 26 Jahre, Vater eines unehelichen Kindes, mittlere Reife, hat eine Ausbildung als Trockenbauer und nur kurz in seinem Beruf gearbeitet. Zudem war er drogenabhängig. Alle drei waren seit mehr als zwölf Monaten arbeitslos.

Das ist zwei Jahre her. Inzwischen haben sie wieder Anschluß an den Arbeitsmarkt gefunden. M. arbeitet wieder in seinem Beruf, B. in einer ABM-Stelle, W. besucht die Fachoberschule mit dem Berufsziel mathematisch-technischer Assistent. Geschafft haben sie das über eine spezielle Integrationsmaßnahme des Gewerblichen Förderzentrums „ibs“für Langzeitarbeitslose.

Langzeitarbeitslose sind die Problemgruppe Nummer eins, heißt es auf den Arbeitsämtern. Dabei handle es sich keineswegs um eine homogene Gruppe, sagt ibs-Chefin Gudrun Schemel. Weder gehe es in erster Linie um Ungelernte – 57 Prozent haben eine abgeschlossene Ausbildung – „oder was es sonst noch an Vorurteilen gibt“, noch könne allen auf die gleiche Weise geholfen werden.

„Fachqualifikation ist in der Regel da“, bestätigt Silke Erichsen, zuständige Abteilungsleiterin beim Arbeitsamt. Probleme hätten viele aber mit den Schlüsselqualifikationen. Nach Jahren der Erwerbslosigkeit falle ihnen schwer, „pünktlich zu sein, im Team zu arbeiten oder Konflikte auszuhalten“. Das oft angeknackste Selbstwertgefühl belaste Psyche und Gesundheit. Arbeitsvermittler könnten da kaum helfen. „Wir verweisen dann an Bildungsträger.“

Zwölf davon gibt es im Arbeitsamtbezirk Bremen. Allein die ibs-Maßnahme wird mit 2,4 Millionen Mark von Arbeitsamt und dem Senator für Arbeit finanziert und bietet durchschnittlich 60 Langzeitarbeitslosen „Hilfe zur Selbsthilfe“: von der Motivation zum Entzug und Schuldenberatung über Deutsch- und Fremdsprachenunterricht bis zu fachlicher Qualifikation in eigenen Werkstätten und betrieblichen Praktika. Schemel: „Ziel ist der erste Arbeitsmarkt.“Aber es komme auch vor, daß jemand wie B. in ABM lande oder sich für eine neue schulische oder akademische Ausbildung oder auch für die Selbständigkeit entscheide. Die Abbruchsquote hält sich mit sechs Prozent in Grenzen. bw

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