piwik no script img

Auch an geschenkter Fakultät kein Interesse

■ Humboldt-Universität wehrt sich gegen eine katholische Fakultät / Ab 1997 sollen 600 Theologen ausgebildet werden

Obwohl in der protestantischen Hochburg Berlin sehr wenige Katholiken leben, will die katholische Kirche in der neuen Hauptstadt zeigen, daß sie ein Machtfaktor in Deutschland ist. Seit einem Jahr arbeitet die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung zusammen mit der katholischen Nuntiatur an einem millionenschweren Vorhaben: die Gründung einer katholischen Fakultät an der Humboldt-Universität – direkt im Herzen der Stadt und in Sichtweite des Berliner Domes und der Hedwigskathedrale.

Bis 1997 sollen jährlich rund fünf Millionen Mark in das ehrgeizige Projekt gesteckt werden. Vierzehn Professoren sollen künftig bis zu sechshundert Studenten ausbilden. Einzige Gegenleistung der katholischen Kirche: eine mietfreie Unterbringung der Fakultät in den ersten Jahren.

Mit der Wahl der Humboldt- Universität als Falkultätssitz war bis jetzt nur ein Beteiligter nicht einverstanden – die Humboldt- Universität selbst. Bereits im Juni letzten Jahres erklärte der Akademische Senat, daß er einem Fachbereich Katholische Theologie nicht zustimmen werde. Seitdem hat sich die Ablehnung weiter verschärft.

„Die Lage an der Humboldt- Universität ist so instabil, daß wir die Neuerung kaum verkraften können. Unser Personal soll halbiert werden. Ob manche Studiengänge überleben, ist fraglich. Die Stimmung ist angespannt und wird nicht besser, in dem man uns von den Verhandlungen um die neue Fakultät ausspart“, sagt Susanne Morgner, Pressesprecherin der Humboldt-Universität.

Zum Konfliktfall ist der Plan auch deswegen geworden, weil die Verhandlungen so geführt werden, daß die Humboldt-Universität völlig außen vor bleibt. Daß dieser Verhandlungsstil alten katholischen Gepflogenheiten entspricht und nichts mit den Berliner Gegebenheiten zu tun hat, beteuern Senat und das Bischöfliche Ordinariat Berlin.

Die Einrichtung von katholischen Fakultäten ist immer zuerst eine Sache zwischen der Nuntiatur und der jeweiligen Landesregierung. „Selbst der Bischof von Berlin ist bei den Verhandlungen nicht beteiligt“, so Dieter Hanky, Pressesprecher des Bischöflichen Ordinariats Berlin.

Im Senat wird derzeit an dem Staatsvertrag zwischen dem Bürgermeister und dem Heiligen Stuhl weitergebastelt.

Auf die Vorwürfe der Humboldt-Universität reagiert Monika Grütters, Pressesprecherin des Berliner Senates für Wissenschaft und Forschung, inzwischen allergisch: „Die Auseinandersetzung um die katholische Fakultät wird rein emotional geführt. Sie ist ein Affront gegen die katholische Kirche.“

Ein gewisses Maß an Verfolgungswahn und eine traditionell antikatholische Stimmung vermutet auch Rainer Kampling, Geschäftsführender Direktor des katholischen Seminars an der FU Berlin, hinter den vehementen Reaktionen. „Katholische Theologie in Berlin zu betreiben war schon immer eine Herausforderung“, sagt der Theologe.

Obwohl die Zukunft seines katholischen Seminars ungewiß sei, bringe eine Fakultät viele Vorteile mit sich. Denn bis jetzt konnten die einhundertfünfzig Studenten nur auf Lehramt oder Magister studieren, künftig können auch Diplom- Theologen, Priester und Pastoralreferenten ausgebildet werden. Julia Seidl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen