Attentat von Boston: Weitere Bomben für New York
Die mutmaßlichen Bombenleger von Boston wollten ihre restlichen Bomben in New York zünden. Sie entführten einen Mercedes und wurden von der Polizei entdeckt.
NEW YORK ap | Die mutmaßlichen Bombenleger von Boston wollten nach Angaben der US-Behörden ihre restlichen Bomben auf dem New Yorker Times Square zünden. Deshalb brachten sie den Fahrer eines Mercedes-SUV in ihre Gewalt und zwangen ihn, in Richtung New York zu fahren, berichteten der New Yorker Polizeikommissar Raymond Kelly und der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg am Donnerstag aus der Vernehmung des überlebenden Tatverdächtigen Dschochar Zarnajew.
Kelly sagte, Zarnajew habe den Ermittlern der Bundespolizei im Krankenhausbett gesagt, er und sein älterer Bruder Tamerlan hätten am 18. April spontan beschlossen, nach New York zu fahren, um ihre verbliebenen fünf Rohrbomben und einen wie zuvor beim Marathonlauf in Boston eingesetzten Dampfkesseltopf-Sprengsatz auf dem Times Square zu zünden.
Kelly ergänzte: „Sie diskutierten das, während sie in einem Mercedes SUV herumfuhren, dass sie entführten, nachdem sie einen Polizisten an (der Universität) MIT erschossen. Der Plan fiel aber in sich zusammen, als sie bemerkten, dass das von ihnen entführte Fahrzeug wenig Benzin hatte und sie dem Fahrer befahlen, an einer Tankstelle in der Nähe anzuhalten.“
Der Fahrer des Wagens sei dabei entkommen und habe die Polizei alarmiert. Das habe die Verfolgungsjagd ausgelöst, bei der der 26-jährige Tamerlan Zarnajew bei einer Schießerei getötet wurde. Der 19-jährige Dschochar wurde am Samstag schwer verletzt verhaftet.
Erinnerungen an 2010
„Wir wissen nicht, ob wir die Terroristen hätten stoppen können, wären sie von Boston angekommen“, sagte Bloomberg. „Wir sind einfach dankbar, dass wir die Antwort nicht herausfinden mussten.“ 2010 war der Times Square Ziel eines Autobombenanschlags, der vereitelt wurde. Ein pakistanischer Einwanderer wurde verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Christina DiIorio-Sterling, wollte zunächst nichts zu der Frage sagen, ob Dschochar Zarnajew auch wegen des mutmaßlichen Angriffs auf New York beschuldigt werden sollte. Wegen des Anschlags in Boston am 15. April mit drei Toten und mehr als 260 Verletzten droht ihm die Todesstrafe. Hinzu kommt eine Anklage wegen der Tötung des Polizisten im MIT, die von der Staatsanwaltschaft des Staates Massachusetts vorbereitet wird.
Ermittler und Kongressabgeordnete, die vom FBI über den Ermittlungsstand informiert wurden, sagten, die beiden Zarnajew-Brüder seien von Zorn auf die von den USA in Afghanistan und im Irak geführten Kriege zu dem Anschlag in Boston getrieben worden. Die aus Tschetschenien stammenden Brüder lebten seit zehn Jahren in den USA und hatten die US-Staatsbürgerschaft.
16 Stunden Vernehmung
Den Ermittlern zufolge wurden die muslimischen Brüder von radikalislamischen Seiten im Internet radikalisiert und nicht durch einen direkten Kontakt mit terroristischen Gruppen. Endgültig geklärt sei dieser Sachverhalt aber noch nicht.
Dschochar Zarnajew sei 16 Stunden in seinem Krankenhauszimmer vernommen worden, ohne dass er über seine verfassungsmäßigen Rechte belehrt worden sei. Er habe sofort aufgehört zu sprechen, als ein Richter und ein Vertreter der Bundesstaatsanwaltschaft hinzukamen und ihm seine Rechte zu schweigen und einen Anwalt hinzuzuziehen nannten, verlautete aus informierten Kreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation