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Attentat auf Schule in SchwedenEr selektierte seine Opfer

Der tödliche Schwertangriff an einer schwedischen Schule war ein rassistisches Verbrechen. Dies gehe aus Beweisstücken hervor, so die Ermittler.

Trauerbewältigung am Ort der Tat in Trollhattan Foto: reuters

Stockholm taz | Die Attacke auf eine Schule im schwedischen Trollhättan am Donnerstag hatte einen rassistischen Hintergrund. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei einen handschriftlichen Brief des Täters, aus dem ein solches Motiv hervorgeht und auch deutlich wird, dass die Tat geplant war. Darin habe er unter anderem geschrieben, dass „etwas gegen die schwedische Einwanderungspolitik getan werden“ müsse.

Nach Einschätzung der Polizei wird das rassistische Motiv auch durch die Aktivitäten des Täters in sozialen Medien und die Wahl seiner Opfer bestätigt. „Er selektierte sie aufgrund ihrer Ethnizität“, beschrieb ein Polizeisprecher das Ergebnis der Aussagen von Tatzeugen.

Der 21-jährige Anton P. war, einige Stunden nachdem er in der „Kronan-Schule“ zwei Menschen erstochen und zwei lebensgefährlich verletzt hatte, am Donnerstagnachmittag seinen Schussverletzungen erlegen. Er sei der Polizei bislang nicht aufgefallen und war offenbar auch kein Mitglied einer rassistischen Organisation, teilte ein Polizeisprecher am Freitag mit. Einen persönlichen Bezug habe er weder zur „Kronan-Schule“ noch zu einem der Opfer gehabt.

Die Grundschule ist in Trollhättan die mit dem höchsten Anteil von SchülerInnen mit einem Migrationshintergrund. Was laut Einschätzung der Polizei bei deren Auswahl durch P. eine Rolle gespielt haben könnte.

„Unauffällig und zuvorkommend“

P. selbst war zusammen mit seinen Eltern und zwei Geschwistern in einem Villenvorort Trollhättans aufgewachsen, hatte den technischen Zweig eines Gymnasiums besucht und wird von Bekannten und Kollegen der Firma, in denen er als Praktikant beschäftigt war, als „unauffällig“ und „zuvorkommend“ beschrieben. Niemals habe man ihm eine solche Tat zutrauen können.

Die antirassistische Stiftung „Expo“ berichtet von umfangreichen Internet-Aktivitäten P.‘s im neonazistischen Milieu. Unter anderem habe der Attentäter Videoblogs eines der bekanntesten neofaschistischen Hetzers Schwedens abonniert, der sich regelmäßig über Themen wie „das multikulturelle Teufelsprojekt“, die „von Juden gesteuerten Medien“ und die Bedeutung der „Rassenfrage“ auslässt.

Über seinen Facebookaccount habe P. Aufrufe der rechtspopulistischen Schwedendemokraten verbreitet. Rassistische Internetseiten waren die Ersten gewesen, die schon wenige Stunden nach der Tat P.‘s Identität samt Foto öffentlich gemacht und ihn als „schwedischen Anders Breivik“ gefeiert hatten: Er habe ein Fanal gegen die „Überfremdung“ des Landes setzen wollen.

Der Anschlag in Trollhättan erfolgte einen Tag, nachdem in Schweden aktualisierte Flüchtlingszahlen veröffentlicht worden waren. Das Land erwartet in diesem Jahr mit 190.000 Asylsuchenden mehr als doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.

„Bald knallt es“, hatte ein Parlamentsabgeordneter der „Schwedendemokraten“ am Wochenende bei einer Anti-Asyl-Demonstration in Trelleborg geäußert, an der auch uniformierte Neonazis teilnahmen. Seit einer Woche gibt es fast jeden Tag einen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft und „Expo“ warnt: „Die stetig wachsende Hassrhetorik könnte weitere Attentäter ermuntern.“

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