Attentat auf Passauer Polizeichef: "Keine heiße Spur"
Nach dem Mordversuch an dem Passauer Polizeichef Mannichl sucht eine mittlerweile 50-köpfige Sonderkommission den Täter - bislang ohne Erfolg.
![](https://taz.de/picture/368087/14/mannichl_b.jpg)
Auch vier Tage nach dem mutmaßlich rechtsextremen Messerangriff auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl tappt die Polizei weiter im Dunkeln. Zwei bereits am Sonntag festgenommene Rechtsextremisten wurden mittlerweile wieder freigelassen. Der Angegriffene hatte die beiden Männer auf Fotos nicht wiedererkannt. Im Gespräch mit der taz sagte der Passauer Oberstaatsanwalt Helmut Walch, bislang habe man "keine heiße Spur" zu dem mutmaßlichen Neonazi, der am vergangenen Samstag dem Passauer Polizeichef vor seiner Haustür auflauerte und ihn mit einem Messer niederstach.
"Rund um die Uhr" sei die 50-köpfige Sonderkommission mit Routineuntersuchungen und weiteren Recherchen beschäftigt, so Walch weiter. Aktuell überlege man, mit einem Phantombild des Attentäters den Fahndungsdruck weiter zu erhöhen. Bisher erinnere sich Mannichl zwar an Größe und Statur des Angreifers sowie an Einzelheiten wie eine Tätowierung oder einen großen Leberfleck am Hals. Für ein richtiges Phantombild fehle es momentan aber noch an weiteren prägnanten Merkmalen im Gesicht des Angreifers, so Walch zur taz.
Nach dem Anschlag auf den Passauer Polizeichef ist unterdessen die Debatte um ein neues NPD-Verbotsverfahren neu entfacht worden. Neu ist, dass mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) mittlerweile auch einflussreiche konservative Politiker für ein Verbot der rechtsextremen Partei plädieren.
Neben einem Verbotsverfahren deutete Herrmann auch die Möglichkeit an, die Parteienfinanzierung neu zu organisieren. Für ihre Wahlerfolge erhält die NPD - wie alle anderen Parteien auch - staatliche Gelder zur Wahlkampfkostenerstattung. Dass die Rechtsextremisten auf der einen Seite Gelder vom Staat bekämen, der Staat aber auf der anderen Seite Mittel aufwende, um das rechtsextreme Gedankengut zu bekämpfen, sei "schizophren und paradox", so der bayerische Innenminister weiter.
Mit seinem Engagement gegen die rechte Szene war der Polizist Mannichl offensichtlich weitgehend auf sich gestellt. Das zeigt der Fall einer Pressemitteilung des Passauer NPD-Kreisverbandes, in der unter der Überschrift "Polizeidirektor Mannichl belästigt Trauergäste" Mannichl verbal angegriffen wird. Wie die taz berichtete, hatten die Rechtsextremisten einen entscheidenden Satz nachträglich aus dem Pamphlet entfernt. In einer früheren Version behauptet die Passauer NPD, Mannichl habe sich bei einem Einsatz gegen eine NPD-Kundgebung auf einem Friedhof auf die Grabplatte "gefallener Soldaten" gestellt und sei auf einen Gedenkkranz getreten. Diesen Satz hatte auch der Attentäter zitiert, der Mannichl am Samstag niederstach.
Wie der NPD-Kreisvorsitzende Martin Gabling nun einräumt, habe er den Satz nicht freiwillig aus dem Text gestrichen, sondern erst auf eine einstweilige Verfügung, die Mannichl selbst zum 21. November erwirkt habe. Auf eigene Faust hatte sich der Passauer Polizeichef einen Anwalt genommen, um gegen die Anfeindungen der Neonazis vorzugehen. Unterstützung von seinen Dienstherren hat er dabei offensichtlich nicht erhalten. Nun gerät auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer in die Kritik, der mittlerweile angekündigt hat, den Vorfall aufzuklären.
Wie sich indes aus einer Anfrage der Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linkspartei ergeben hat, ist die Zahl rechtsextremer Straftaten im Jahr 2008 im Vergleich zum Vorjahr weiter gestiegen. So wurden im letzten Jahr fast 11.000 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund begangen. Im laufenden Jahr waren es allein in den zehn Monaten von Januar bis Oktober schon fast 12.000.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören