Atommüll in Russland: Post für Röttgen
Norbert Röttgen hat das Problem lange ignoriert. Jetzt bekommt er Post aus Russland: Menschen im sibirischen Angarsk wehren sich gegen deutsches Uranhexaflourid.
MÖNCHENGLADBACH taz | Post aus Russland für Norbert Röttgen: 1.149 Bewohner der am Baikalsee gelegenen sibirischen Stadt Angarsk fordern den CDU-Bundesumweltminister auf, zu erklären, welche Gefahren von den Fässern mit deutschem Atommüll ausgehen, die auf dem Firmengelände der Angarsker Urananreicherungsanlage unter offenem Himmel lagern und teilweise Risse aufweisen.
Frühere Anfragen der Angarsker Journalistin Swetlana Slobina dazu hatte Röttgen unbeantwortet gelassen. Das Umweltministerium hatte lediglich erklärt, das "anfallende abgereicherte Uran" verbleibe beim Anreicherer, "wo es als Reserve für eine Wiederanreicherung zwischengelagert wird". Deutschland versuche sich herauszuziehen, sagte Slobina der taz. "Dabei ist es in gleichem Maß wie Russland für den in meine Heimatstadt gelieferten Atommüll verantwortlich."
Von 1996 bis 2009 hatte die im nordrheinwestfälischen Gronau ansässige Firma Urenco, die dort eine Urananreicherungsanlage betreibt, nach eigenen Angaben 27.300 Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid nach Russland transportiert, unter anderem auch nach Angarsk. Angeblich sollte der "Wertstoff", wie Urenco den Atommüll deklarierte, dort wiederangereichert werden. Dabei verbleiben in der Regel 90 Prozent der Menge als Müll zurück, der bei Temperaturen um 57 Grad giftige Flusssäure bildet, sagt Udo Buchholz vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz.
Null Bedarf
Matthias Eickhoff, Sprecher des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen, geht davon aus, dass das Uranhexafluorid aus Gronau in Angarsk nur in geringen Mengen wiederangereichert wurde und deshalb noch fast komplett auf Halde liegt - das zeige der Blick über Google Earth auf das Betriebsgelände der Urananreicherungsanlage.
"Das macht doch deutlich, dass in Russland gar kein Bedarf für eine Wiederanreicherung dieses angeblichen Wertstoffes besteht", so Eickhoff. Russland verfüge auch ohne den Gronauer Müll über riesige Mengen an Uranhexafluorid. Da weder von Urenco noch von der russischen Atomwirtschaft zu erfahren sei, wie viel von dem Gronauer Uranhexafluorid tatsächlich wiederangereichert wurde, dränge sich der Verdacht auf, hier habe man einfach Uranmüll von Gronau billig nach Russland entsorgt, so Eickhoff.
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