Atommüll-Transport auf dem Neckar: Entchen gegen Castorschiff
Auf dem Neckar wird Atommüll verschifft. Aktivisten konnten den Transport kurz unterbrechen: indem sie sich von einer Brücke abseilten.
Nach dem Ablegen fuhr der Konvoi zunächst neckarabwärts zur etwa zehn Kilometer entfernten Schleuse Guttenheim und wendete dort. „Riskante Experimente auf dem Wasser“, kritisierte die Umweltschutzorganisation Robin Wood per Twitter. Zunächst verlief der Transport aber störungsfrei, zu einer Protestdemo in Heilbronn versammelten sich lediglich etwa 60 Atomkraftgegner.
Die Polizei hatte ein Bade- und Schwimmverbot sowie ein Überflugverbot für den betroffenen Flussabschnitt verfügt und den übrigen Schiffsverkehr gestoppt. „Wer Gegenstände ins Wasser wirft, begeht eine Ordnungswidrigkeit“, twitterten die Beamten – Aktivisten hatten zuvor angekündigt, die Castorflotte auch mit zu Wasser gelassenen Plastik- und Gummienten zu stören. Der gelbe Vogel mit Augenklappe, Piratenflagge und Anti-AKW-Sonne ist das Symbol der CastorgegnerInnen in der Region.
„Der riesige Aufwand der Polizei widerlegt alle Beteuerungen, das Schiff wäre ausreichend gegen Terrorattacken gesichert“, schimpfte Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ am Morgen. „Wenn dem so wäre, dann würde es völlig ausreichen, ein paar Beamte abzustellen.“
Nicht verhindern konnte die Polizei die Kletterei von Robin Wood: Die vier Aktivisten spannten über dem Neckar ein Transparent mit der Aufschrift „Vermeiden statt verschieben“. Weitere Mitglieder der Umweltorganisation demonstrierten am Ufer. Unter der Brücke patrouillierten Polizeiboote, auch auf der Brücke und am Ufer waren Sicherheitskräfte zu sehen. Spezialkräften gelang es, die Kletterer loszumachen und in ein Polizeiboot abzuseilen. Wenig später passierte der Castortransport die Brücke.
Überflüssige Verschiebeaktion?
Die Proteste gingen auch am Nachmittag weiter. An einem Wehr im Heilbronner Stadtteil Horkeim seilten sich erneut zwei Atomkraftgegner ab. „Das Höheninterventionsteam ist dabei, die Kletterer zu sichern“, hieß es in einem Polizeitweet um 14.30 Uhr. „Ein Beruf so interessant wie das Leben!“
Die Demonstranten kritisieren das Verschieben der Castoren als völlig überflüssig. Die Behälter seien am Zielort noch schlechter untergebracht als in einem neuen Zwischenlager in Obrigheim. Das Zwischenlager in Neckarwestheim befinde sich in zwei Tunnelröhren in einem ehemaligen Steinbruch, so Julian Smaluhn von Robin Wood. Durch das Eindringen und Abpumpen von Grundwasser entstünden dort immer wieder Hohlräume, beim Einsturz eines Stollens könnten die Behälter beschädigt und radioaktive Strahlung freigesetzt werden.
Die Grünen hatten zu Protesten aufgerufen. Am Mittag informierte sich Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) an der Schleuse Bad Friedrichshall-Kochendorf über den Fortgang des Transports. „Wir haben Messtrupps an der gesamten Strecke und ich habe mir die Werte auch noch mal angeschaut“, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative