piwik no script img

Atomkraft in JapanAtomare Rolle rückwärts

Noch sind die japanischen Atommeiler abgeschaltet. Doch nun könnte der Strom knapp werden, warnt Regierungschef Noda und will den Schalter umlegen.

Nicht alle sind einverstanden mit den Plänen der japanischen Regierung, Atomreaktoren wieder in Betrieb zu nehmen. Bild: reuters

TOKIO dpa | Erstmals seit Beginn der Atomkatastrophe in Fukushima vor mehr als einem Jahr sollen in Japan wieder Atomkraftwerke hochgefahren werden. Diese Entscheidung gab Regierungschef Yoshihiko Noda am Freitagabend (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz bekannt.

„Es ist mein Urteil, dass die Reaktoren 3 und 4 des Atomkraftwerks Oi zum Wohle der Menschen wieder ans Netz gehen sollten“, sagte der Ministerpräsident. Die Reaktoren waren wegen Wartungsarbeiten heruntergefahren worden. Das Atomkraftwerk Oi versorgt die Industrieregion Kansai mit der Großstadt Osaka mit Strom.

Seit Anfang Mai dieses Jahres sind sämtliche 50 einsatzfähigen Reaktoren im Lande abgeschaltet. Stattdessen erzeugt Japan seinen Strom derzeit mit Thermalkraftwerken. Die umliegenden Gemeinden und Provinzregierungen lehnten aus Sorge um die Sicherheit der Meiler ein Wiederanfahren der Reaktoren bisher ab.

Atomkraftgegner übten umgehend scharfe Kritik an Nodas Entscheidung. „Dies zeigt, wie tief die Regierung in der Tasche der Atomindustrie steckt“, sagte Junichi Sato, Chef von Greenpeace Japan.

Nächste Woche schon

Noda sagte, wenn die Atomkraftwerke, die bis zur Katastrophe in Fukushima mit rund 30 Prozent zur Stromversorgung Japans beitrugen, abgeschaltet blieben, dann „wird die japanische Gesellschaft einem Stillstand ausgesetzt sein“. Die Regierung sei in der Lage, eine Katastrophe wie in Fukushima zu verhindern.

Sollte sich der Gouverneur der Provinz Fukui, Issei Nishikawa, mit Nodas Äußerungen zufriedengeben - was allgemein erwarten wird - dürfte er voraussichtlich nächste Woche ein Anfahren der Reaktoren absegnen.

Atomkraftgegner protestierten vor dem Regierungssitz. Es gehe um die Gesundheit und Sicherheit von Millionen von Menschen. Nicht die Politiker, sondern Experten sollten über die Sicherheit entscheiden, forderte Greenpeace-Chef Sato. Experten hielten die Oi-Reaktoren für nicht sicher, da die nötigen technischen Verbesserungen nicht vorgenommen worden seien.

Osakas Bürgermeister Toru Hashimoto, der bisher am lautesten Widerstand geleistet hatte, erklärte sich zu einem Kompromiss bereit. Er forderte, die Reaktoren in Oi sollten nur in den Sommermonaten, wenn die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen, Strom produzieren und dann wieder vom Netz genommen werden. Noda hält ein vorübergehendes Wiederanfahren jedoch für nicht ausreichend.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!