Atomkonflikt mit Iran: Uran wird höher angereichert
Die Regierung in Teheran erhöht die Konzentration von Uran in der Anlage von Natans auf 20 Prozent. Gespräche über einen Austausch könnten trotzdem weitergehen.
BERLIN taz | Der Iran hat trotz Sanktions- und Kriegsdrohungen aus dem Westen am Dienstag bekannt gegeben, mit der Anreicherung seines Urans auf 20 Prozent begonnen zu haben. Diese Anordnung hatte Präsident Mahmud Ahmadinedschad bereits am Sonntag erteilt. Der Anreicherungsprozess sei in der Anlage Natans in Gang gesetzt und eine Kaskade von 164 Zentrifugen vorbereitet worden, sagte der Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi. Damit könnten drei bis fünf Kilogramm 20-prozentigen Urans im Monat für einen medizinischen Forschungsreaktor hergestellt werden.
Mit dieser Maßnahme ignoriert der Iran praktisch den seit September auf dem Tisch liegenden Vorschlag der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands. Die sogenannten Sechser-Gruppe schlug vor, dass der Iran sein niedrig angereichertes Uran (3,5 Prozent) nach Russland oder Frankreich exportiert und dafür 20-prozentiges Uran erhält. Damit sollte verhindert werden, dass der Iran Uran im eigenen Land hoch anreichert und dieses für militärische Zwecke verwendet.
Zu dem Vorschlag hatte Irans Regierung zunächst Zustimmung signalisiert, war aber im Inland auf heftige Kritik gestoßen. Daraufhin machte Ahmadinedschad einen Rückzieher und erklärte, Iran werde kein Uran ins Ausland schicken. Dann begann sich das Karussell zu drehen. Mal hieß es aus Teheran, man sei zu einem Austausch im Ausland bereit, ein anderes Mal hieß es, der Tausch könne nur im Iran stattfinden. Die Verwirrung erreichte ihren Gipfel am Wochenende bei der Münchener Sicherheitskonferenz. Da tauchte Irans Außenminister Manutschehr Mottaki auf und erklärte, grundsätzlich sei Iran mit einem Austausch einverstanden. Es gehe lediglich um Details.
Inzwischen wird aus Äußerungen anderer Regierungsvertreter im Iran ersichtlich, wie sich die Regierung in Teheran einen Tausch vorstellt. Iran wünscht, dass der Deal im Land selbst und nicht im Ausland erfolgt. Dann geht es um die Menge. Während die Sechser-Gruppe das gesamte im Iran niedrig angereicherte Uran umtauschen möchte, beharrt der Iran darauf, nur einen Teil umzutauschen. Und schließlich verlangt der Iran, dass der Tausch Zug um Zug erfolgt, während die Sechser-Gruppe zwischen der Lieferung und Gegenlieferung eine Zeitspanne von einem Jahr vorsieht.
Nun behauptete ein Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, der in Natans neu in Gang gesetzte Anreicherungsprozess habe nichts mit dem Vorschlag der Sechser-Gruppe zu tun. Die Gespräche über den Austausch könnten weitergehen. In einigen Fällen brauche der Iran Uran mit einem Anreicherungsgrad von 3,5 Prozent, in anderen Fällen von 20 Prozent. "Deshalb müssen wir gemäß unseren Bedürfnissen handeln", sagte Mehmanparast.
Demgegenüber sagte Salehi, die Anreicherung des Urans auf 20 Prozent werde gestoppt, sobald der Deal mit dem Ausland umgesetzt worden sei. Doch das letzte Wort in wichtigen nationalen Fragen liegt bei Revolutionsführer Ali Chamenei. Der hat sich jedoch in den letzten Tagen zu der Atomfrage nicht geäußert.
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