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"Atalanta"-MarinemissionSomalischer Piratenführer droht EU

Nach derm ersten EU-Hubschrauberangriff auf eine mutmaßliche Piratenbasis in Somalia stellt sich die Frage: Kann die EU zwischen Piraten- und Fischerbooten unterscheiden?

Bundeswehrsoldaten der Marinemission Atalanta vor Dschibuti. Bild: dapd

BERLIN taz | Der erste Angriff der EU-Marinemission „Atalanta“ auf Stellungen somalischer Piraten an Land hat Drohungen hervorgerufen. Abdi Yare, ein Anführer der Piraten in deren Hochburg Hobyo, warnte gegenüber der Nachrichtenagentur afp vor „fürchterlichen Konsequenzen“, sollte die EU weiterhin somalische Küstenorte angreifen. „Die sogenannten Antipiratenkräfte haben sich in eine sehr gefährliche Phase ihrer Mission gewagt“, wurde er zitiert.

Am Dienstag hatten EU-Marinesoldaten erstmals von einem Hubschrauber aus das somalische Festland beschossen. Bei dem Angriff auf das Dorf Handulle 18 Kilometer nördlich der Stadt Harardhere wurden nach Angaben des Piratenkommandeurs Bile Hussein gegenüber ap neun Schnellboote zerstört. „Sie haben unsere Ausrüstung in Schutt und Asche gelegt“, so Hussein. „Es war eine wichtige Nachschubbasis für uns.“

Ein von afp befragter Fischer in Haradhere kritisierte jedoch, die EU-Soldaten könnten aus der Luft nicht zwischen Seeräubern und Fischern unterscheiden. „Manche der zerstörten Boote gehören Fischern“, sagte er. Ein anderer meinte, die EU solle lieber Bodentruppen schicken, um Piraten von der Bevölkerung unterscheiden zu können.

Angriff als Folge der Mandatsausweitung

In Brüssel wird vermutet, dass der Angriff von dem erst kürzlich entsandten französischen Zerstörer „Dixymude“ mit 16 Kampfhubschraubern an Bord ausging. Er folgt auf die im März beschlossene Ausweitung des Mandats der Mission „Atalanta“, Einsätze aus der Luft zur Zerstörung der Infrastruktur somalischer Piraten bis zu zwei Kilometer von der Küste in das Festland zu erlauben. Die EU geht davon aus, dass sie Anzahl und Standort der Piratenbasen an der somalischen Küste genau kennt.

Außerdem bildet die 200 Mann starke EU-Ausbildungsmission „Eucap Nestor“ eine Küstenwache für die autonome Region Puntland im Nordosten Somalias aus. Da Puntland als Gegenspieler der international anerkannten somalischen Übergangsregierung in der Hauptstadt Mogadischu gilt, bedeutet dies auch, dass verstärkt Druck auf diese Regierung ausgeübt wird, gemäß bestehenden Vereinbarungen bis spätestens 20. August die Macht an eine noch zwischen den Bestandteilen Somalias zu vereinbarende dauerhafte Regierungsstruktur zu übertragen.

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5 Kommentare

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  • KM
    Karl Martel

    Wie heisst es noch bei uns im Norden? Auf nen groben Klotz gehoert nen grober Keil. Solange die Wilden da unten sich nich benehmen koennen undter Kuratel stellen und jedes Boot das deren Hoheitgebiet verlaesst aufbringen oder versenken wehnn es sich nicht aubringen laesst. Und nun kommt mir bloss nich mit die muessend doch fischen koennen. Wir finanzieren das ganze doch jetzt schon mit unserer "humanitaeren" Hilfe. Dann gebt denen doch noch paar Saecke mehre US und EU Weizen fuer den Verdienstausfall - Fischerei - nicht die Piraterie. Wird immer noch billiger als staendig von dem Piratenclans erpresst zu werden.

  • M
    Mango

    Ich bin ein gebürtige Somalier - wohlgemerkt weder ein somalische Pirat noch Mitglied der Piratenpartei.

    Gewalt gegen Gewalt ist nichts Gutes und hat nie eine gute Lösung herbeigeführt. Um das Piratenproblem aus der Welt schaffen zu können, muss man erst die Ursachen kennen.

    Ich fürchte es gibt kein aus der westlichen Hemisphäre niemand, der das Piratenproblem annähernd versteht kann, solange er/sie die gesellschaftliche bzw. soziale Strukturen nicht versteht.

    Das Kommentar von TUN ist fehl am Platz. Wenn Sie so mutig sind und gleich losmarschieren und losschlagen wollen, warum tun Sie es nicht? Niemand hält Sie zurück und mit Sicherheit werden Sie von den somalischen Piraten willkommen heißen.

    Ich persönlich halte ich nichts Gewalt gegend Gewalt und verabscheue ihn.

  • T
    TUN

    Ei, da haben die Piraten jetzt einen Führer. Der Führer droht jetzt die Deutschen. Der ist ja wie Osa Bin Laden!

    Ei, da müssen wir uns wehren, kräftig! Einmaschieren, ich sag einmarschieren. Haut die Neger auf den Latz.

    TAZ maschiert - wir folgen!

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Vielleicht sollten ein paar Regeln aufgestellt werden: Mangelnde Distanz zu Piraten ist nicht das Problem der Soldaten. Nicht-Piraten sollten die Nähe zu anderen Schiffen meiden - zur eigenen Sicherheit.

  • D
    D.J.

    Gut zu hören, dass die Angriffe wirksam zu sein scheinen. Was allerdings die Aussage des Fischers betrifft - aber halt, stopp, wird nicht immer von den Piratenverstehern nachgeplappert, dass "wir" schon alles leergefischt hätten?