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Asylrecht attackiert

■ Justizminister weist Späth-Vorschlag zur Grundgesetzänderung zurück / Lafontaine will Flüchtlingsaufnahme begrenzen

Berlin/Düsseldorf (taz/dpa) - Bundesjustizminister Hans Engelhard (FDP) hat gestern die Forderung von Baden -Württembergs Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) nach einer Grundgesetzänderung angesichts des Asylantenstroms zurückgewiesen. Am Wochenende hatten Lothar Späth und Oskar Lafontaine erneut die Debatte über das Asylrecht entfacht. Angesichts der zunehmenden Probleme auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt hatte sich der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine für eine deutliche Begrenzung bei der Aufnahme von Aussiedlern und Asylanten ausgesprochen. Er habe sich immer dafür eingesetzt, das Asylrecht nicht anzutasten. Wenn die Bundesrepublik aber nicht alle aufnehmen könne, die vom Tode bedroht seien, müsse eine Auswahl getroffen werden. Hier könne nicht in „nationalen Kategorien“ diskutiert werden.

Lafontaine sagte am Wochenende auf einer Veranstaltung des SPD-Bezirks Niederrhein, bei einer Beschränkung der Aufnahme von Aussiedlern und Asylanten müßten „die Prioritäten bei der existenziellen Betroffenheit des einzelnen und nicht bei seiner nationalen Herkunft“ gesetzt werden. Er sei gegen die „überzogene Deutschtümelei“ von Bundeskanzler Kohl, der es offensichtlich zu einer „historischen Aufgabe“ erklärt habe, mit „missionarischem Eifer“ Millionen von Deutschstämmigen aus Osteuropa heimzuholen.

„Mein Humanismus erstreckt sich nicht auf nationale Kategorien. Ich bin Internationalist“, sagte Lafontaine. Deshalb werde er „einem Farbigen, der aus Afrika kommt und dessen existenzielle Bedrohung größer ist“ als die vieler Menschen in Osteuropa, bei der Aufnahme immer den Vorzug vor „einem Deutschstämmigen aus der 4. oder 5.Generation“ einräumen.

Der baden-württembergischen Regierungschef Lothar Späth hatte am Wochenende eine Grundgesetzänderung gefordert und erklärt, es sei „anständiger und humaner“, die Asylsuchenden schon an der Grenze „abzublocken“. Dies sei in anderen europäischen Ländern üblich, meinte Späth. Mehr als 90 Prozent der Asylbewerber hätten sowieso keine Chancen, Asyl zu erhalten. Für Späth gewinnt der Bereich Asylpolitik ungeheure zusätzliche Bedeutung mit der Einführung des europäischen Binnenmarktes 1992 und dem Wegfall der innereuropäischen Grenzen. Unterschiedliche Einreisebedingungen würden dazu führen, daß Asylbewerber in das Land gehen, wo das Grundrecht auf Asyl am großzügigsten gewährt werde. Dies gebe einen Sog der BRD.

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