Aserbaidschanischer Journalist verurteilt: Sechs Jahre Haft für Recherche
In Baku muss der Journalist Afgan Muchtarli wohl ins Gefängnis – weil er seinen Beruf ernstnimmt. Zuvor war er aus Georgien entführt worden.
2015 waren die beiden mit der damals dreijährigen Tochter nach Georgien geflohen, da sie sich in Aserbaidschan nicht mehr sicher fühlten. Grund dafür waren Muchtarlis Recherchen und Berichte über Korruption im Klan von Staatspräsident Ilham Alijew. Der Autokrat ist seit 2003 in der Südkaukasusrepublik an der Macht. Derartige Veröffentlichungen hatten in der Vergangenheit auch schon für andere aserbaidschanische Journalisten im Gefängnis geendet.
Am 29. Mai 2017 wurde Muchtarli am hellichten Tag im Zentrum der georgischen Hauptstadt Tiflis entführt und nach Aserbaidschan gebracht. Bis heute ist nicht geklärt, ob auch der georgische Geheimdienst an der Aktion beteiligt war.
Vor Gericht hatten Muchtarlis Anwälte gefordert, alle Anschuldigungen fallen zu lassen, da der Fall politisch motiviert sei. Auch Muchtarli selbst wies alle Vorwürfe zurück. „Ihr könnt uns festnehmen oder töten, aber es werden andere kommen und den Kampf fortsetzen. Unser Hauptziel ist nicht Ilham Alijew zu stürzen. Unser höchstes Ziel ist, den Menschen Hoffnung zu geben“, sagte er in seinem Abschlussplädoyer.
Der aserbaidschanische Politikwissenschaftler Chikmet Gadschisade wertet den Fall Muchtarlis als Versuch der Staatsmacht, verstärkt auch auf Regimegegner Druck auszuüben, die Aserbaidschan verlassen hätten und vom Ausland aus weiter gegen ihre Heimat politisch aktiv seien. Das alles diene der Abschreckung, zitiert das Onlineportal Echo Kawkaza den Wissenschaftler. Nach Angaben von CPJ sitzen in Aserbaidschan derzeit zehn Journalisten im Gefängnis. Im Sommer 2017 wurde der Chefredakteur der Internetseite Turan, der einzigen noch unabhängigen Nachrichtenagentur Aserbaidschans, Mehman Alijew, festgenommen. Der Vorwurf lautet auf Steuerhinterziehung.
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