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Arroyo hat keinen Grund zum Jubeln mehr

In den Philippinen ist die neue Regierung schnell mit Personalquerelen und Putschgerüchten konfrontiert

BANGKOK taz ■ Die Euphorie des friedlichen Machtwechsels in Manila ist schnell der Ernüchterung gewichen. Leere Kassen, neue Korruptionsvorwürfe, Postengerangel und Putschgerüchte beschäftigen die neue Regierungschefin Gloria Macapagal Arroyo. Sie war nach Massendemonstrationen und einem Seitenwechsel hoher Militärs und Richter am Wochenende an die Spitze des Staates katapultiert worden.

Wie ein Schatten liegt die Drohung des gestürzten Präsidenten Joseph Estradas über Arroyo, seine Absetzung vor dem Verfassungsgericht anzufechten. Er habe nur zeitweise sein Amt aufgegeben, erklärten seine Berater. Schon hat die neue Präsidentin mit Personalquerelen zu kämpfen: Verteidigungsminister Orlando Mercado, der Estrada am vergangenen Freitag zusammen mit dem Armeechef die Unterstützung entzogen und sich auf Arroyos Seite geschlagen hatte, trat gestern zurück. Er will nicht mit Arroyos Sicherheitsberater zusammenarbeiten, den er für korrupt hält. Arroyo sagte, Mercado sei ohnehin in den nächsten Tagen zurückgetreten, um bei den Wahlen im Mai für den Senat kandidieren zu können.

Unterdessen wies Arroyo in einer Pressekonferenz Berichte philippinischer Medien zurück, dass Anhänger des gestürzten Estrada im Militär einen Staatsstreich planten. Sie telefonierte vor der Presse mit einem General und ließ sich seine Loyalität versichern. Ein Grund für die Gerüchte könnte die umstrittene Ernennung des Geheimdienstchefs Victor Corpuz sein. Er hat in der Armee erbitterte Feinde. Anfang der Siebzigerjahre erlangte Corpuz Berühmtheit, als der Offizier zur kommunistischen Guerilla wechselte und die Waffenkammer einer Militärakademie ausraubte. Nach seiner Gefangennahme 1976 verurteilte ihn ein Gericht zum Tode, der Richterspruch wurde später in „lebenslang“ umgewandelt. Präsidentin Corazon Aquino amnestierte ihn 1986, und er schloss sich wieder der Armee an, wo er als Experte für Aufstandsbekämpfung Karriere machte. Eine der ersten Anweisungen der neuen Präsidentin war es, die Verhandlungen mit muslimischen Guerillagruppen im Süden des Landes wieder aufzunehmen, die unter Estrada gescheitert waren.

Estrada hat nach dreißigmonatiger Regierungszeit einen wirtschaftlichen Scherbenhaufen hinterlassen: Wie der neue Finanzminister Alberto Romulo mit Schrecken feststellte, erbt er völlig leere Kassen und zahlreiche unbezahlte Rechnungen. Das offizielle Haushaltsdefizit hatte im vergangenen Jahr über 5,5 Milliarden Mark betragen und war damit doppelt so hoch wie geplant. Die Finanzlücke ist vermutlich noch viel größer, denn viele Aufträge und Löhne sind noch nicht bezahlt worden.

Das Schicksal Estradas, dessen Konten in zwei Banken auf den Philippinen inzwischen gesperrt wurden, bleibt unklar: Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen wegen Korruption, Amtsmissbrauch und Plünderung der Staatskassen gegen den Expräsidenten aufgenommen. Nachdem es zunächst hieß, dass Estrada Reiseverbot erhalten habe, gab Justizminister Hernando Perez gestern bekannt, Estrada dürfe das Land verlassen. Unter einer Bedingung: Er müsse im Exil bleiben. Damit will die Regierung sein mögliches Comeback erschweren. JUTTA LIETSCH

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