Arno Reglitzky über Behindertensport: „Hinterher alle begeistert“

Blau-Weiß Buchholz hat den Werner-Otto-Preis für sein Sportangebot für Menschen mit Behinderung bekommen. Vorsitzender Arno Reglitzky erklärt, warum.

Eine Gruppe von Handbikern und ein stehender Mann mit geöffneten Armen, links hinter einer Absperrung Zuschauer

Zum Großen Preis von Buchholz kommen Handbiker von weit her Foto: Blau-Weiß Buchholz

taz: Herr Reglitzky, wann sind Sie Ihren letzten Marathon gelaufen?

Arno Reglitzky: Leider vor zwei Jahren. Weil der Hamburgmarathon im letzten Jahr ausfiel und in diesem Jahr ja wahrscheinlich auch. Ich wollte unbedingt mit 85 noch einen Marathon laufen und das ist noch nicht geglückt.

Gibt es in Ihrem Verein Blau-Weiß Buchholz Marathon-Läufer:innen mit Behinderung?

Nein, aber wir haben die Rollstuhlfahrer in der Leichtathletik, die mit ihren Handbikes insbesondere an Marathon-Strecken teilnehmen. In jedem Fall auch an unserem Buchholzer Stadtlauf auf fünf oder zehn Kilometern oder Halbmarathonlänge. Da sind sie gerne gesehen.

Ist es einfach für Menschen mit Behinderung, aktiv im Vereinssport zu sein?

Im Normalfall sicherlich nicht.

Und was ist bei Ihnen anders?

Unsere Vereinsanlage ist komplett barrierefrei. Die Behinderten müssen ja erst mal auf die Anlage und in die Gebäude kommen. Und das haben wir mit Fahrstuhl und Rampen sichergestellt. Wenn ich Behinderte in Wettbewerbe integriere, muss natürlich auch der Boden, die Straße, vernünftig sein. Das haben wir alles sehr gut hinbekommen. Und deshalb haben wir, wenn wir beispielsweise unseren Buchholzer Stadtlauf machen, Rollstuhlfahrer und Handbiker aus Kiel und Lübeck und dem ganzen Umfeld hier, weil sie so etwas nirgendwo richtig geboten bekommen.

Gab es Widerstände gegen die Barrierefreiheit?

Die Widerstände sind ganz gewaltig. Sie fingen schon bei der ersten Idee an, als ich sagte, wir wollen eine Abteilung für Behinderte gründen. Wenn es dann noch viel Geld kostet, und Inklusion kostet Geld, dann ist es ein No-Go. Da muss man sehr überzeugend sein und auch Fördermittel beschaffen. Ein wesentlicher Punkt, weshalb es auch beim Verein anfangs auf Kritik gestoßen ist: Es kommen nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch geistig Behinderte. Da wurde gesagt: „Die kommen hier einfach so rein und schreien rum. Das geht doch nicht. Dann gehen andere Mitglieder weg.“ Also, da gibt es viele Dinge, die man sanft und mit Streicheln angehen muss.

Gibt es die Widerstände noch immer?

Wir haben die Barrierefreiheit und den Behindertensport jetzt seit 2006 und inzwischen sind die Mitglieder richtig stolz auf den Bereich.

Wie ist die Beziehung zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen?

Das ist ein mühsamer Weg. Mitglieder müssen im Kontakt mit Menschen mit Behinderungen erst mal eine Schwelle überspringen. Da muss man beispielhaft vorangehen und auch mal selber im Rollstuhl sitzen und mitspielen. Das ist alles etwas ungewöhnlich und es ist ein mühsamer Prozess, aber es macht Spaß und hinterher sind alle begeistert.

Warum sind Ihnen die Inklusion und der Behindertensport ein so großes Anliegen?

Arno Reglitzky 85, ist FDP-Kommunalpolitiker und seit 1993 Vorsitzender von Blau-Weiß Buchholz.

Meine Schwester war schwerstbehindert. Insofern kenne ich die Probleme, sodass ich schon von Haus aus ein Auge hatte für Menschen, die ein Handicap haben. Und dann kam gewissermaßen das Glück, dass ich eine Rollstuhlfahrerin hier fand, die zu uns in den Verein wollte, Barbara Erdrich. Sie war dann der Motor hinter mir. Sie hat wahnsinnige Ideen gehabt, zum Beispiel mit der barrierefreien Fläche für Sportler mit und ohne Behinderung als Pilotprojekt. Da gehen Sie zum Vorstand und sagen: Ich möchte von unserer Fläche von 25.000 Quadratmetern 6.300 wegnehmen und dann machen wir einen Platz für Behinderte und Nicht-Behinderte daraus. Die sagen: „Jetzt wird er verrückt.“

Wie werden Sie die Preis-Prämie von 15.000 Euro einsetzen?

Seit einigen Jahren will ich einen Tennisplatz barrierefrei machen, das kostet 30.000 Euro. Die Zuschüsse waren bewilligt, dann kam Corona, sodass wir den Eigenanteil nicht mehr schaffen konnten. Oder, für rund 7.000 Euro, einen Parcours mit Bordsteinkanten, Schrägen, Stufen, Kopfsteinpflaster und solchen Dingen. Damit können wir vielleicht noch dieses Jahr anfangen.

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