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Armut in Deutschland

■ Eine taz-Fotoserie zeigt: Trotz aller Beteuerungen der Regierung herrscht in der Republik Mangel

Armut? In den siebziger und achtziger Jahren war das kein Thema. Wenn jemand arm war, war er fast immer auch alt. Damit ließ sich das Problem leichter verdrängen. In den Neunzigern hat sich die Situation drastisch verändert. Während der Ära Kohl wurde die Altersarmut von der Armut junger Menschen im vereinten Deutschland abgelöst. Eine Studie – die die Regierung selbst in Auftrag gegeben hatte und eigentlich vor der Bundestagswahl nicht veröffentlichen wollte – stellte fest, daß vor allem Kinder und Jugendliche von Sozialhilfe leben müssen. Dabei sind Kinder von alleinerziehenden Eltern viermal so oft von Armut betroffen wie Heranwachsende in vollständigen Familien. Trotzdem behauptet Regierungssprecher Otto Hauser: „Es gibt hier keine materielle Armut.“ Grund genug, sich einmal quer durch die Republik auf die Suche zu begeben: auf die Suche nach Armut. Fündig zu werden war nicht schwer. Unsere Fotoserie „Sind Sie arm?“ auf den Seiten 1 bis 11 zeigt Menschen, die mit dem Mangel leben müssen. In ihrem Essay (Seite 3) diskutiert Vera Gaserow die Frage, wo Armut beginnt. Ist jemand arm, der sich keine neue Jeans leisten kann? Oder ist er arm dran, weil er von der Gesellschaft ausgegrenzt wird?

Die Kreuzbocks zum Beispiel (siehe Foto): Die vierköpfige Familie aus Rostock muß mit 1.200 Mark monatlich auskommen. Die 600 Mark Miete zahlt das Sozialamt. Seit der Wende sind der Maurer und die Köchin arbeitslos. „Wurden einfach rausgeschmissen“, sagen sie. Seit Juni leben Marion und Bernd Kreuzbock mit ihrer Tochter Mary in einem betreuten Wohnprojekt. Auf die Frage „Sind Sie arm?“ wollte die Familie nicht eingehen.

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