piwik no script img

Armenien und AserbaidschanBrüchiger Waffenstillstand

Seit 1994 herrscht Waffenstillstand. Nun trafen die Präsidenten der verfeindeten Staaten unter Aufsicht der OSZE in München aufeinander. Sie sprechen von Fortschritt.

Die Präsidenten Ilcham Aliew aus Aserbaidschan und Sersch Sargsjan aus Armenien trafen sich schon 2008 in Russland. Bild: ap

BERLIN taz | Der Annäherungsprozess zwischen den einst verfeindeten Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan geht weiter. Am Sonntag trafen sich die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans, Sersch Sargsjan und Ilcham Aliew, auf Initiative und unter Beteiligung der "Minsk-Gruppe" der OSZE zu Gesprächen in München.

Die "Minsk-Gruppe" mit drei Vorsitzenden aus Frankreich, den USA und Russland ist von der OSZE mit der Regulierung des Karabach-Konflikts beauftragt. Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Aserbaidschanern und Armeniern Anfang der 90er-Jahre waren rund 30.000 Menschen getötet und hunderttausende Aserbaidschaner aus Karabach und den umliegenden Gebieten von Einheiten der armenischen Bevölkerungsmehrheit vertrieben worden. Auch zehntausende Armenier mussten fliehen. Bis heute ist ein großer Teil Aserbaidschans von armenischen Truppen besetzt. Seit 1994 überwachen unbewaffnete Beobachter der OSZE den Waffenstillstand.

Alle Beteiligten zeigten sich im Anschluss an die Gespräche erfreut über die erreichten Fortschritte. Über den konkreten Inhalt der Unterredung wurde jedoch Stillschweigen bewahrt.

Im Vorfeld der Verhandlungen hatte der aserbaidschanische Präsident mit einem neuen Krieg gedroht, sollten die Münchner Gespräche ohne Erfolg zu Ende gehen. Zudem hatte Aliew behauptet, das heutige Armenien sei auf früherem aserbaidschanischem Gebiet gegründet worden. Nun wolle man auf aserbaidschanischem Territorium einen zweiten armenischen Staat gründen, so Aliew mit der Anspielung auf die nicht anerkannte "Republik Nagornyj-Karabach". Für die armenische Seite sind derartige Äußerungen eine Provokation.

Die Kovorsitzenden der "Minsk-Gruppe" warnten Aserbaidschan im Anschluss an die Münchner Gespräche vor kriegerisch-aggressiver Rhetorik. Doch auch der armenische Außenminister Edward Nalbandjan hatte sich vor München nicht sehr kompromissbereit gezeigt. Über die Rückkehr der Flüchtlinge, so Nalbandjan, könne man erst sprechen, wenn der Karabach-Konflikt gelöst sei. Für Aserbaidschan stehe dieses Problem ganz oben auf der Prioritätenliste.

Wie brüchig der Waffenstillstand zwischen Armeniern und Aserbaidschanern ist, zeigt auch eine Nachricht der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur 1news.az. Diese berichtet, armenische Truppen hätten am Tag der Verhandlungen einen aserbaidschanischen Zivilisten getötet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!