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„Arisierungs“-Mahnmal in BremenGedenken mit Sicherheitsabstand

Im Streit über den Platz des geplanten Mahnmals schlägt das Kulturressort einen Kompromiss vor. In sicherer Entfernung zu Kühne+Nagel.

Ein guter Platz fürs „Arisierungs“-Mahnmal, findet das Kulturressort: Vor der Bremer Jugendherberge Foto: Ingo Wagner/dpa

Bremen taz | Das in Bremen geplante sogenannte „Arisierungs“-Mahnmal soll nun doch an die Weserpromenade. Allerdings in sicherer Entfernung zu Bremens größtem „Arisierungs“-Profiteur, der Spedition Kühne+Nagel. So lautet der gestern präsentierte Kompromissvorschlag im Standortstreit von Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz.

Die taz als Initiator der Mahnmal-Initiative will einen Standort in direkter Nähe zum Bremer Unternehmenssitz von Kühne+Nagel. Auch die Bürgerschaft hatte schließlich einen Standort im Umfeld des Unternehmens beschlossen, das während des Zweiten Weltkriegs eine maßgebliche Rolle bei der sogenannten „Arisierung“ jüdischen Besitzes gespielt hatte: So transportierte die Spedition Möbel und anderen Besitz der aus Frankreich und den Benelux-Ländern deportierten Juden nach Deutschland.

Der nun vom Kulturressort favorisierte Standort des Mahnmals liegt etwa einen Kilometer weserabwärts im Stephani-Viertel vor einer Jugendherberge. Bremens „Stadtmö­blierung“ sei sehr dicht und die Plätze für Mahnmäler rar, erklärt Kulturstaatsrätin Emigholz. Mit Verweis auf den eindeutigen Bürgerschaftsbeschluss sagt sie: „Ich halte die Nähe zu Kühne+Nagel für ausreichend.“

In Zusammenarbeit mit dem Bremer Staatsarchiv seien historisch geeignete Standorte herausgefiltert worden: Infrage wäre außerdem der Europahafen gekommen, wo die an der „Arisierung“ beteiligten Speditionen und Unternehmen ihren Sitz gehabt hätten. Die Entscheidung, das Mahnmal nicht in direkter Nähe zu Kühne+Nagel zu errichten, begründet die Staatsrätin so: „Das Mahnmal soll keinen Appellationscharakter an Einzelne haben“ – man wolle eben „nicht die gesamte Gesellschaft auf dem Rücken eines Einzelnen entlasten“. Um die Geschichte der „Arisierung“ und der beteiligten Unternehmen weiter aufzuarbeiten, will das Kulturressort nun mit Hilfe der Handelskammer, Verbänden und hiesigen Unternehmen ein Projekt zur Erforschung und Vermittlung des Themas auf den Weg bringen.

Wie genau das Projekt aussehen soll, an dem sich unter anderem auch Kühne+Nagel beteiligen will, wollte Emigholz noch nicht sagen.

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1 Kommentar

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  • Mahnmale werden zum Witz, wenn sie da stehen, wo ihr Sinn ins Absurde verkehrt wird! Dass sich an dieser Absurdität auch Kühne + Nagel beteiligen will, ist eine Schande für die heutigen Chefs, aber auch nicht allzu überraschend, wenn man den Verlauf kennt... .

     

    Dass sich aber eine Kulturstaatsrätin dafür ausspricht, dass das Mahnmal vor einer Jugendherberge stehen soll, zeigt... ja was? Geschichtsvergessenheit? Bereitschaft zur Geschichtsklitterung? Bestechlichkeit? Dummheit? Oder doch einfach eine untrügliche Unfähigkeit, den Opfern des Nationalsozialismus wenigstens hier Gerchtigkeit zukommen zu lassen?

     

    Frau Emigholz sollte m. E. ihren Hut nehmen, und Kühne + Nagel wenigstens jetzt so viel Rückgrat besitzen, zu ihrer eigenen Geschichte - auch der mehr als unrühmlichen - zu stehen!!

     

    Einfach nur peinlich sowas!