Argentiniens Umweltministerin: Rauswurf wegen Gletscherschutz
Weil sie sich für ein Gesetz zum Schutz der Gletscher eingesetzt hat, muss Argentiniens Umweltministerin Romina Picolotti abtreten.
BUENOS AIRES taz Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hat Umweltministerin Romina Picolotti entlassen. Der offizielle Grund für den Rauswurf letzten Dienstag sind Unregelmäßigkeiten in der Verwendung von Geldern des Ministeriums. In Wirklichkeit geht es um etwas anderes: Die Umweltministerin verfocht ein Gesetz zum Schutz von Argentiniens Gletschern, brachte das auch einstimmig durch beide Kammern des Kongresses - und scheiterte vor wenigen Wochen am Veto der Präsidentin Kirchner. Jetzt musste Picolotti gehen.
Unter den Süßwasserreservoirs in der argentinischen Andenregion darf also weiter kräftig nach Bodenschätzen geforscht und geschürft werden. Die Eismassen stellen rund 75 Prozent der Süßwasserreserven des Landes dar. Doch schon heute ist vielerorts das Wasser aus den Quellen durch die beim Tagebau benutzten Chemikalien zum Auswaschen von Kupfer, Silber und Gold aus den Gesteinsmassen belastet.
Nach dem Gesetz wäre zukünftig ein Arbeiten auf den Eismassen der Gletscher verboten gewesen. Ein Beispiel ist die Pascua-Lama-Mine der kanadischen Bergbaufirma Barrick Gold Corporation. In einer Höhe von rund 4.000 bis 5.000 Metern werden 17 Millionen Unzen Gold und mit knapp 700 Millionen Unzen Silber eines der weltweit größten Vorkommen vermutet. Rund 15 Milliarden Dollar sollen aus den Bergen herauszuholen sein. Barrick Gold hat seine Investitionssumme auf rund drei Milliarden Dollar veranschlagt.
Im offenen Tagebau sollen die Edelmetalle einmal aus der gemeinsamen andinen Grenzregion von Chile und der argentinischen Provinz San Juan geholt werden. Teile davon liegen jedoch unter den Eismassen von Gletschern. San Juan zählt rund 180 Minenprojekte, von den 90 Prozent in Gegenden mit Gletschern liegen. "Es war schon auffällig, wie die Delegierten der Provinz zuerst Druck gegen das Gesetz gemacht haben und sich plötzlich ganz still verhielten. Wahrscheinlich hatte man ihnen das Veto garantiert", so die frühere Abgeordnete und Mitinitiatorin des Gesetzes, Marta Maffei.
Das Gesetz hatte zudem eine Inventur der im Land vorhandenen Gletscher vorgesehen, mit der zukünftig auch die Entwicklung der Gletscher hätte abgeglichen werden können. Mit dem Argument, dass sich viele Gletscher im Grenzgebiet zu Chile befinden und der Grenzverlauf mit dem Nachbarstaat oft noch immer nicht eindeutig geklärt sei, lehnte die Regierung in Buenos Aires das Vorhaben ab.
"Als wollte ein Koch nicht wissen, wie viele Töpfe er in seiner Küche hat", kommentierte Ricardo Villalba, Leiter des Instituts für Schnee- und Gletscherforschung (Ianigla), das Präsidentenveto. Auch zukünftig wird also am Río de la Plata niemand genau wissen, wie viele Gletscher in welchem Ausmaß und Zustand das Land beherbergt. Rund 350 sollen sich vor allem entlang der Anden in die Täler schieben. JÜRGEN VOGT
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