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Foul! Folge 4: Tannhäuser und der bohrende Blick

Jeder Sport definiert seine Grenzen. Was dahinter liegt, ist unsportlich und wird bestraft. Bis die Fußball-Regionalliga den Spielbetrieb wieder aufnimmt, wollen wir hier darlegen, welche oft schmerzhaften Verstöße die einzelnen Sportarten kennen.

Schach ist Psycho. Völlig körperlos, sondern einfach nur Kopfarbeit. Foul beim Schach zielt also nur auf ein Körperteil: Aufs Hirn.

Psychologische Kriegsführung hat im Schach Tradition: An mittelalterlichen Höfen galt es, den Gegner gegen die Sonne zu setzen und erst zu starten, wenn diesem ein opulentes Mahl im Magen lag. Der erste offizielle Schachweltmeister, der Österreicher Wilhelm Steinitz (1886-1894), pflegte leise, aber vernehmbar Motive aus dem Tannhäuser zu summen.

Hundert Jahre später galt der Russe Garri Kasparow nicht nur als stärkster Spieler der Welt, sondern auch als Großmeister der Psychotricks: Mal schlug er Türen, mal zog er Grimassen, mal irritierte er seinen Gegenspieler mit hektischen Bewegungen, mal starrte er ihn über Stunden durchdringend an – und hatte mit seinen Manövern oft Erfolg.

Der slowenische Großmeister Milan Vidmar stopfte sich kurz nach dem Ersten Weltkrieg gegen den fanatischen Nichtraucher Aaron Nimzowitsch trotz Rauchverbots genüsslich Tabak in die Pfeife und legte sein Feuerzeug bereit. Nimzowitsch intervenierte beim Turnierleiter. Als der anmerkte, dass Vidmar gar nicht rauche, brüllte Nimzowitsch: „Aber er droht zu rauchen!“

Seitdem dem Menschen überlegene Schachcomputer existieren, wächst auch die Liste von Spielern, die versucht haben, die Technik illegal zu nutzen: Ohrhörer, über die Computerzüge übermittelt wurden, wurden unter langen Haaren und Hüten versteckt oder als Hörgerät getarnt.  MAC

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