piwik no script img

Mister Cool steigt aus

BASKETBALL Mit Geschäftsführer Pascal Roller legt einer der Väter der Hamburg Towers sein Amt nieder

Playoffs erreicht, entzückte Spieler und Fans in einer meist vollen Bude, Ende August schaut sogar Dirk Nowitzki für ein paar Länderspiele in Wilhelmsburg vorbei: „Was wir aus dem Nichts geschaffen haben, ist der Wahnsinn“, sagt Towers-Gesellschafter Wolfgang Sahm nach der ersten Saison der Vereinsgeschichte.

Wäre da nicht Pascal Rollers Paukenschlag. Mit seinem Rücktritt hat die heile Türme-Welt erstmals Risse bekommen. Geschäftsführer und Gesellschafter Roller war neben Sportdirektor Marvin Willoughby, ebenso ein Gesellschafter, das Gesicht des Vereins. Gemeinsam wollten die beiden Ex-Nationalspieler in Hamburg über Jahre hinweg Spitzen-Basketball garantieren. Bis Roller Ende Mai erklärte, dass sich seine „Vorstellungen der sportlichen und wirtschaftlichen nächsten notwendigen Schritte sich nicht mehr mit denen der anderen Gesellschafter decken“.

Wenn der gebürtige Wilhelmsburger und Nowitzki-Kumpel Willoughby für Nachhaltigkeit stand, war Roller der personifizierte Anspruch des Vereins in möglichst absehbarer Zeit im Oberhaus anzutreten. Die Basketball-Bundesliga (BBL) ist für Roller das gelobte Land. Der 38-Jährige absolvierte dort 408 Spiele, die Auszeichnung des beliebtesten Spielers der Liga ist nach ihm benannt. Letztlich waren die unterschiedlichen Aufstiegs-Fahrpläne der Knackpunkt hinter den Kulissen. So hatte sich Roller zum Beispiel vehement für die Professionalisierung des Startups auf BBL-Standards eingesetzt. Dazu gehörte auch die Entlohnung aller Mitarbeiter der Geschäftsstelle oder festes PR- und Marketing-Personal. Sich dem Tempo vom Towers-Taktgeber Willoughby zu beugen, wird ihm schwer gefallen sein, auch wenn das Motto auf seiner Website „Wenn‘s darauf ankommt – cool bleiben!“ lautet. Im April gestand Roller dem Abendblatt: „Manchmal ertappe ich mich noch, dass ich zu ungeduldig bin, aber es ist wichtig, dass wir organisch wachsen und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen.“

Es ist nur so: Mit den Türmen als letztem Puzzlestück hat Willoughby bereits seinen großen Traum verwirklicht, nämlich Profisport mit Sozial- und Jugendarbeit in Wilhelmsburg zu vereinen. Der Verein Sport ohne Grenzen und das Nachwuchs-Team der Hamburg Piraten sind das Fundament, die Towers der Leuchtturm, und die alte Blumenhalle die Heimat.

Anders gesagt: Willoughby hat es nicht ganz so eilig mit dem unwägbaren Abenteuer 1. Bundesliga. „Mittelfristig in die BBL“, das war schon immer seine vage Maxime. Auch weil es dem Verein an potenten Geldgebern fehlt. Ohne einen Haupt- und Trikotsponsor sind große Sprünge auf und abseits des Spielfelds aber kaum möglich.

Mag sein, dass Rollers Geduld jetzt aufgebraucht war. Vielleicht wollte er nicht mehr auf unbestimmte Zeit als ehrenamtlicher Geschäftsführer in der 2. Liga versauern. Fest steht: Er will in die 1. Liga und das möglichst bald.  MIKE LIEM

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen