: Willkommen in Omas Garten
ERFRISCHUNG Immer mehr Lokale in Berlin bieten hausgemachte Limonaden an, das ideale Getränk an einem heißen Frühlingsnachmittag. Nicht nur Früchte machen den Geschmack für die richtige Mischung zwischen süß und säuerlich
■ Café Eule, Gleisdreieckpark, Eingang von der Bülowstraße, Tel. (01 76) 63 66 23 70, tägl. 10–20 Uhr (im Sommer)
■ Zula, Husemannstr. 10, Prenzlauer Berg, tägl. ab 12 Uhr, www.zulaberlin.com
■ Ako Berlin, Kollwitzstr. 91, Prenzlauer Berg, www.akoberlin.de
■ Limonadier Barkultur, Nostitzstraße 12, Kreuzberg, Mo.–Sa. ab 19 Uhr, www.limonadier- barkultur.de
■ Proviant Fruchtmanufaktur in diversen Bioläden und -supermärkten, www.proviant- smoothies.de
■ Wostok, Gastronomie- und Händlerverzeichnis: www.wostock-limonade.de (mp)
VON MICHAEL PÖPPL
Keinen Kilometer weg vom belebten Potsdamer Platz liegt das grüne Büdchen des Café Eule, versteckt zwischen den Kleingärten des Gleisdreieck-Parks. Davor stehen kleine Tischchen mit rotweiß gepunkteten Decken unter Sonnenschirmen, auf der Speisen-und-Getränke-Tafel finden sich neben diversen Kaffees, Imbissen und Kuchen auch „hausgemachte Limonaden“. Die süßsaure Zitronen-Holunder-Limo ist das ideale Getränk an einem heißen Frühlingsnachmittag, passt prima zum hausgebackenen Kuchen und weckt Erinnerungen an Kindertage im Garten der Großmutter. Dort wurde fast alles, was an Bäumen und Sträuchern hing, zu Marmelade oder eben zu Saft verarbeitet. Im Frühjahr gab es Rhabarberschorle, im Herbst frischen Apfelsaft mit einem Schuss (gekaufter) Zitrone oder Birnenmost.
Es ist auffällig: Immer mehr Lokale in Berlin bieten hausgemachte Limonaden an. Das vegetarische Café Zula in Prenzlauer Berg ist eigentlich bekannt für seine israelische Küche und sein hervorragendes Hummus. Aber eben auch für seine Minz-Limonade: „In Tel Aviv bekommt man in jedem Lokal frische Limonade, das ist ganz typisch“, sagt Kellner Jonathan. Das israelische Rezept für die eisige Limo ist schlicht: Frisch gepresster Zitronensaft, brauner Zucker und Mineralwasser, Minze und natürlich Eiswürfel. Gibt es noch eine geheime Zutat? Jonathan lacht: „Nein, aber die Mischung muss einfach stimmen. Wir haben so lange ausprobiert, bis die Limonade so geschmeckt hat, wie wir sie lieben.“ Nicht weit weg vom Zula findet sich der erfrischende Geheimtipp eines Kollegen: Im asiatischen Kunstcafé Ako dürfen sich die Gäste aussuchen, wie sie ihren alkoholfreien Fruchtmix haben wollen: Chinesische Jujubefrüchte, Ingwer oder eine Granatapfel-Zitronenmischung werden sowohl als heißer Tee als auch als erfrischende Limonaden serviert. Bedächtig wie die traditionelle Teezubereitung wird auch das Limonadenmischen zelebriert. Das andächtige Warten an der Theke lohnt sich, die Orangen-Grapefruit-Limonade sieht nicht nur fantastisch aus, sie ist auch köstlich.
Alkoholfrei ist Trend: Rund 80 Liter Limonade pro Kopf trinken die Deutschen im Jahr, so die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e. V. (wafg), dazu kommen 11,3 Liter Fruchtsaftgetränke und 148,3 Liter Mineralwässer aller Art. Nicht nur große Konzerne profitieren davon Die Firma Proviant aus Kreuzberg begann 2009 mit der Herstellung von Bio-Smoothies, die man anfangs vor allem in Szenelokalen und in Bioläden fand. Seit zwei Jahren produzieren die Fruchtsaftspezialisten auch Limonaden: „Um herauszubekommen, was uns selber schmeckt, haben wir erst einmal in unserer Küche mit unseren Fruchtsäften und mit Selters experimentiert“, erzählt Mitgründer Matze Pflug. Die leckeren Proviant-Limonaden mit Zitrone, Rhabarber oder Ingwer sind heute wahre Verkaufsschlager, inzwischen organisiert eine externe Firma den Vertrieb, damit die Gründer wieder Zeit für ihre eigentliche Arbeit haben. „Im Vergleich zu den großen und mittelständischen Limonadenherstellern haben solche Startups natürlich nur einen geringen Anteil am Gesamtumsatz“, sagt Detlef Groß, der Hauptgeschäftsführer der wafg. „Wir freuen uns aber immer über innovative junge Firmen, die das Thema Limonade wieder ins Gespräch bringen.“ Zu den Exoten auf dem Markt gehört auch „Wostock“, eine Limonade, die der Niederländer Joris van Velzen 2009 auf den Berliner Markt brachte und die in angesagten Lokalen in ganz Europa getrunken wird. Das beliebte Getränk schmeckt etwas gewöhnungsbedürftig nach Tannenwald und soll der Firmensage nach einer sowjetischen Limo namens Baikal entsprechen, deren Produktion nach 1989 eingestellt wurde.
Auch einige klassische Bars in Berlin haben ihr alkoholfreies Angebot erweitert. „Die Gäste sind einfach biermüde“, erklärt Erich de Santos, sie suchen nach alternativen Getränken und müssen ja auch am nächsten Tag wieder arbeiten.“ Seine Bar nahe der Bergmannstraße nennt sich „Limonadier Barkultur“. Die Limonadiers, die historischen Limoverkäufer auf den Wochenmärkten, seien die Vorgänger der Barmixer, so de Santos. „Jeden Sirup und alle Liköre, die wir verwenden, machen wir deshalb selbst, aus frischen Früchten. Im Lauf der Saison entstehen so immer wieder ganz ungewöhnliche Mischungen. Im Moment bieten wir gerade eine Lavendel-Blaubeer-Limonade an.“ Zur Standardkarte des Limonadiers gehört übrigens auch eine Birnen-Rhabarber-Limonade. Sie hat genau die richtige Mischung aus süß und säuerlich, ganz nah dran am vertrauten Geschmack: Willkommen in Omas Garten.
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