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Bei Snax darf auch ein Prince nachdenklich nicken, und Soffy O schließt die Lücke zwischen Club und Charts

Berlin mag mittlerweile für allerhand bekannt sein, für die verblichene Wohnzimmer-Szene, Techno sowieso und für seine muffigen Taxifahrer. Aber als Soul-, Funk- und Disco-Hochburg war die Hauptstadt bisher nicht eben berühmt. Das könnte sich ändern. Mit Snax. Hinter dem Pseudonym versteckt sich der DJ und Produzent Paul Bonomo, der sich für „Special Guest Star“ jede Menge Gaststars eingeladen hat, darunter prominente Stimmen wie Jamie Lidell oder Eric D. Clark, der früher mal bei Whirlpool Productions sang. Mit Hilfe dieser exquisiten Besetzung – und natürlich einem geschmackvoll programmierten Computer – bedient Bonomo das gesamte Spektrum des klassischen Black Music: Die Ekstase suggerierenden Kopfstimmen, den schweißig tropfenden Groove und natürlich auch den zünftig durchsexualisierten Spannungsaufbau.

Dass Snax früher zur Clique um Peaches gehörte, hört man allerdings auf „Special Guest Star“ nur mehr bedingt: Heute sind seine Tracks erst einmal elegant, bei weitem nicht so provokativ und klobig. Sie beschwören vor allem die goldene Disco-Ära herauf. Der huldigte der in Washington D.C. aufgewachsene Bonomo schon mit seiner ersten Band, den demonstrativ schwulen Bonomo’s Fagbash. Damals, in den GoGo-Clubs der US-amerikanischen Hauptstadt, hat Bonomo die Faszination eines endlosen Grooves kennengelernt. Nun bastelt er seit acht Jahren in Berlin seine Tracks, um Menschen zum Tanzen zu bringen. Auch „Special Guest Star“ ist, wenn man so will, Funktionsmusik, die allein diesem einen Zweck dient. Mancher der Tanzbodenknaller gerät zwar womöglich eine Hauch zu stumpf, aber dürfte gerade deshalb im Club prima funktionieren. Dass Snax dabei Kool & The Gang, Rick James und die Gap Band in die Tasche zu stecken vermag und das auch noch gleichzeitig, während ein Prince nachdenklich wie nachsichtig nickt – das allerdings muss man erst mal hinkriegen.

Gar nicht hingekriegt hat Soffy O ihre Karriere. Die drohte Anfang des Jahrtausends, als sie einige Hits zusammen mit Toktok hatte, abzuheben. Doch Pech mit Plattenfirmen und – wie getuschelt wurde – eigene Schluffigkeit verhinderten den Aufstieg zum Popstar für die Massen. Frau O, die eigentlich Sophie Larson-Ocklund heißt, blieb ein Geheimtipp, aber auch so, findet sie, hat ihr Leben Seifenoper-Qualitäten: „Life’s A Soap“ heißt ihr drittes Album, das sie mit den beiden Produzenten Hector de Guerre und Manne Svensson aufgenommen hat, und daran, dass es erst ihr drittes ist, kann man schon sehen, dass es ihr mit dem Karrieremachen vielleicht nie so ernst war. Trotzdem findet sich auf dem Album ein ganzer Haufen genau dieser sehr eingängigen, aber dann doch auch verqueren und ziemlich intelligenten Popsongs, die problemlos die Lücke zwischen Club und Charts schließen. Und die sicherlich gut genug wären, Soffy O in jenen Mainstreamstarstatus zu befördern, den sie damals verpasst hat. Aber Soffy O ist eben eine schwedische Berlinerin. Und wenn Berlin für etwas berühmt ist, dann ja wohl für verpasste Chancen. THOMAS WINKLER

■ Snax: „Special Guest Star“ (Random/Beatport), live am 6. 7. im Bang Bang Club

■ Hector, Manolo & Soffy O.: „Life’s A Soap“ (Snowhite/Universal), live am 9. 7. im Magnet

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