: Zahlen ohne Aussagewert
betr.: „Kriminalstatistik. Die Herkunft soll einfließen“, taz vom 5. 1. 08
Welche Bedeutung hätten statistische Zahlen darüber, „ob jugendliche Straftäter einen Migrationshintergrund haben“? Für sich allein haben diese Zahlen keinen Aussagewert, wären aber bestens geeignet, populistisch-demagogisch missbraucht zu werden. Es mag zwar sein, dass im Einzelfall auch Herkunft und damit verbundene kulturelle, mentale und soziale Prägungen kriminogen gewirkt haben. Grundsätzlich gibt es allerdings keinen Grund zu der Annahme, dass allein ein Migrationshintergrund die Gefahr begründet, ein Mensch sei besonders kriminalitätsanfällig. Nachgewiesenermaßen beeinflussen aber soziale Lage und Perspektiven die Kriminalitätsanfälligkeit, und da haben Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen deutlich schlechtere Karten. Dies zu erfassen und wissenschaftlich auszuwerten ist sinnvoll, wegen der Komplexität von Daten und Beziehungsgeflecht aber nicht vom System der polizeilichen Kriminalstatistik zu leisten.
HOLGER GUNDLACH, Kriminaloberrat i. R., Hamburg
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