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Raketenbauer streiten um Galileo-Milliarden

Wenn die EU die 26 Galileo-Satelliten ausschreibt, dann treffen Astrium und OHB als Konkurrenten aufeinander

Man versteht sich, man lacht zusammen – und konkurriert gnadenlos. Bremens Raumfahrt-Experten sind auf zwei Firmen verteilt, die „Fuchs-Gruppe“ (OHB) im Technologiepark und EADS-Astrium am Flughafen. Es geht derzeit um einen 1,2 Milliarden Euro-Auftrag: 26 Satelliten für das Galileo-System sollen bis zum Jahre 2012 gebaut werden. „Wir streben die Systemführerschaft an“, sagt Marco Fuchs nicht unbescheiden, Vorstand von OHB. Seine Firma habe inzwischen eine lange Tradition im Satelliten-Bau, betonte er in einem Vortrag in der Handelskammer, immerhin hat OHB für die Bundeswehr das „SAR-Lupe“-System zur Fernüberwachung entwickelt. Europa sei früher „blind“ gewesen, etwa beim Nato-Militäreinsatz in Jugoslawien, völlig angewiesen auf amerikanische Aufklärungsbilder. Wenn man – zum Beispiel Afghanistan – aber sage: „Da fahren wir auch mal hin, da machen wir auch mal mit“, dann müsse man eigene Aufklärungsbilder haben, um zu wissen, „wo die Taliban sitzen“.

Beim System Galileo geht es nicht um Bilder, sondern um Ortungssignale – rund um den Globus sollen in ein paar Jahren insgesamt 30 Satelliten fliegen, aus ihren Signalen kann jeder, der ein entsprechendes Empfangsgerät hat, seine Position bestimmen. Bisher nutzt die ganze Welt das System GPS der US-Militärs. Mit Galileo will Europa ein eigenes, moderneres Ortungssystem anbieten. Weil GPS kostenlos ist, muss auch Galileo als „öffentliche Infrastruktur“ staatlich finanziert werden.

Ein erster Satellit fliegt schon, „Giove A“, er soll die Frequenz sichern, die aufgrund der Verzögerungen im Galileo-Programm sonst verfallen würde. „Der piept nur“, beschreibt Fuchs das. Giove A wurde von der mittelständischen englischen Firma SSTL gebaut, und mit SSTL zusammen will Fuchs sich für den großen Auftrag bewerben.

Die Konkurrenz von Astrium hatte sich lange als der gesetzte Galileo-Bauer gesehen, ist doch Astrium seit Jahren dabei, die ersten vier der 30 Satelliten zu bauen. Und dann beschloss die EU im Dezember, den Auftrag trotzdem auszuschreiben. Im Rahmen der Astrium-Arbeitsteilung ist der Satellitenbau allerdings vor Jahren in Bremen eingestellt und in Bayern (Ottobrunn) konzentriert worden.

Die Bremer Politik steht daher hinter OHB. In einer Parlamentsdebatte im Dezember lobte Wirtschaftssenator Rolf Nagel (SPD) die EU-Entscheidung, weil so die „Chancen insbesondere von OHB maximal gesichert“ worden seien. Wolfgang Schrörs von der CDU meinte gar, in Bremen gebe es „einen wichtigen Anbieter“ für Satelliten – OHB.

So war es kein Zufall, dass die Bremer Europa-Abgeordnete Helga Trüpel nicht einen Astrium-Vertreter, sondern Marco Fuchs zum Vortrag in die Handelskammer eingeladen hatte. Günter Stamerjohanns, Galileo-Experte von Astrium, saß in der ersten Reihe als Zuhörer und machte in der Diskussion dann aber doch deutlich, dass er manches über Galileo mindestens so gut weiß wie Marco Fuchs.

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