: Fahrn, fahrn, fahrn auf der A 281
Weil der Verkehrssenator zum Klimaschutz-Seminar ist, weiht Bürgermeister Böhrnsen die neue Autobahn ein und freut sich. Den Gegnern des weiteren Ausbaus kann er keine Hoffnung machen
Von Felix Zimmermann
Bürgermeister Jens Böhrnsen hat gestern etwas gemacht, was er noch nie in seinem Leben gemacht hat: Er weihte eine Autobahn ein. Einem Radioreporter hat er gesagt, es sei ihm eine Freude.
Eigentlich wäre das auch ein Termin für den grünen Bau- und Verkehrssenator Reinhard Loske gewesen. Doch der nahm lieber an einem Fachgespräch zum Klimaschutz seines ehemaligen Arbeitgebers, dem Wuppertal-Institut, teil.
Also hatte sich Böhrnsen mit diversen Begleitern – von denen neben den rotbejackten Männern des Neustädter Shantychores nur der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesverkehrsministers, Achim Großmann, erwähnt seien – auf den frischen Asphalt der A 281 gestellt. Die Pylonen der Schrägseilbrücke ragten im Hintergrund in die Höhe, von unten kroch feuchte Kälte herauf, und Böhrnsen sagte, es sei „ein guter Tag für Bremen“, an dem das Teilstück zwischen Neustädter Hafen und Flughafen eingeweiht werde. Dadurch werde die Neustadt entlastet, das Güterverteilzentrum und der Neustädter Hafen ans überregionale Autobahnnetz angebunden und die Airport-Stadt noch attraktiver.
Die Männer vom Shanty-Chor dichteten passend zu Böhrnsens Freude einen Klassiker der Seemansliedliteratur um: „Auf der Autobahn nachts um halb eins, ob du’n Mädel hast oder keins, amüsierst du dich, denn das findet sich, auf der Autobahn nachts um halb eins.“ Schwer vorstellbar, so eine leere Autobahn ist ein ortloser Ort, bar seiner Funktion liegt er da, das graue Asphaltband verschwindet irgendwo im feuchten Nebel. Ein stiller Ort allerdings ist diese ungenutzte Autobahn auch nicht, denn der Gesang der Shantymänner geht nahtlos über in schrilles Trillerpfeifen und helles Sirenengeheul, so dass die Rede des Staatssekretärs immer mal wieder gestört wird.
Die, die den Lärm machen, sind zu Fuß da und tragen Transparente. Es sind gut 200 Demonstranten der Vereinigung der Bürgerinitiativen Obervieland/Huckelriede. Sie sorgen sich um den weiteren Bauabschnitt der Autobahn in der Gegend, in der sie leben. Der Sprecher der Bürgerinitiativen, Norbert Breeger, ruft durchs Megaphon, dieses Teilstück hier sei „für uns eine Schande, hier wurde Geld ausgegeben, das für den menschengerechten Ausbau der A 281 in Huckelriede und an der Kattenturmer Heerstraße fehlt“. Besonders die als Wahrzeichen der Neustadt gepriesene Schrägseilbrücke sei unnötig und zu teuer, sagt Breeger.
Die Demonstranten fordern einen Tunnel für Huckelriede, sie sind gegen die Querspange, die A 281 mit dem Arster Damm und der Kattenturmer Herrstraße verbinden soll. „Lügner“ rufen sie, als Böhrnsen sagt, er wolle die Interessen der Menschen berücksichtigen.
Breeger fragt sich, ob der Bürgermeister das ernst meint, da er jede Einladung zum persönlichen Gespräch mit den Huckelriedern ausgeschlagen habe. Zwar kommt es auf der Autobahn später zu so einem Gespräch, aber das überzeugt Breeger nicht: „Da ist nichts heraus gekommen“, sagt er. Er habe den Eindruck, die A 281 werde jetzt wie geplant gebaut, weil sich die Politik nicht mit der Handelskammer anlegen wolle, die für den zügigen Weiterbau eintritt.
Dann besteigen Böhrnsen und Großmann ihre Limousinen und lassen los fahren. Damit ist die A 281, Bauabschnitte 2/1 und 3/1 eingeweiht.
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